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DER DOKTRINÄRE INDUKTIONSEFFEKT 139

bildungen dar? Es wurde bereits vorhin auf Freuds erste Konfrontierung
mit dieser Frage hingewiesen, obwohl sie zu seiner Zeit noch nicht
explizit mit dem Problem der telepathischen Induktion als solcher beschwert
war. Es wurde aber auch der Genieblitz Freuds angeführt, der
ihn den Ausweg aus diesem Dilemma finden ließ. Freud ergänzte die
durch die genannten Fehlerquellen belastete Methode der klinischen
Exploration mit der Methode der historischen Analyse und wandte sich
der kritischen Untersuchung so zeitloser menschlicher Dokumente wie
der Ödipus-Tragödie oder des Hamlet-Dramas zu. Dokumente dieser
Art sind gegen die Einflüsse der vom klinischen Beobachter ausgehenden
Suggestion und doktrinären Induktion gefeit. Sie sind auf diese
Weise den in der Wilsonschen Nebelkammer photographisch festgehaltenen
Wegspuren eines Elektrons vergleichbar. Wohl mag in diesem
Falle die «persönliche Gleichung» des Physikers die von ihm vorgenommene
Messung beeinflussen, das von seinem Meßinstrument registrierte
Fotogramm ist jedoch ein objektiver Tatbestand, unbeschadet
der seiner persönlichen teilhabenden Beobachtung etwa zuzuschreibenden
Fälscherkünste. Die letzteren sind jedenfalls nicht mehr in der Lage,
die am exponierten Film hinterlassene Fährte eines ephemeren, längst
vergangenen Elektrons abzubiegen. Und was immer auch die Rolle
von Freuds, Ranks oder Jungs vorgefaßten Meinungen und Erwartungsvorstellungen
in bezug auf den Mythos von der Geburt des Helden
oder auf den Archetypus der <Großen Mutter> gewesen sein mag:
die Wegspuren, die von solchen Mythen oder archetypischen Bildungen
in Legende und Dichtung zurückgelassen worden sind, sind unverrückbare
Daten einer kulturhistorischen Wirklichkeit geworden, die zwar
zum Gegenstand mannigfaltiger individueller Deutungsversuche gemacht
werden können, deren faktische Evidenz aber kaum mehr bestritten
werden kann.

Die Zeugenschaft historischer Dokumente dieser Art gewinnt zusätzliche
Bedeutung durch ihre «makropsychologische» Häufung und
Wiederholung in verschiedenen Kulturkreisen und kulturellen Epochen.
Der Ödipus-Komplex scheint sowohl in der antiken griechisch-römischen
Kultur als auch im späteren Abendland endemisch gewesen zu
sein. Er kann nicht einfach der ihm in unserer Zeit gewidmeten weitläufigen
und vielleicht zeitweise sensationslüsternen Publizität (und der
sie begleitenden doktrinären Induktion) zugeschrieben werden. Der


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