Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_parapsychologie1959-02/0197
194

HANS BENDER

Dann tritt eine Absperrung des affektiven Bereiches ein, die bis zu einem
völligen Versagen der Reaktionsfähigkeit gegenüber der realen Situation
führen kann.»

Das Krankheitsbild dieser Patientin, wiederum eine mediumistische
Psychose, entspricht weitgehend den von Kehrer beschriebenen psychogenen
Reaktionsformen bei älteren alleinstehenden Frauen: Zusammentreffen
einer reaktiven Labilität, ausgesprochene pseudohalluzinatorische
Disposition, eigenartige, durch besondere Lebensumstände mitbestimmte
Gemütslage und längere Zeit durchgeführtes Psychographie-
ren. Doch wird die pathogenetische Bedeutung der künstlichen Dissoziierung
durch die spiritistische Praktik von Kehrer nicht gewürdigt. Erneut
wird deutlich die affektive Erschütterung durch das mißverstandene
Jenseitserlebnis und die funktionelle Abhängigkeit der Stimmen von der
fortschreitenden Ausbildung verselbständigter Komplexe durch das
nächtelang betriebene Pendeln. Die psychologische Analyse der Patientin
weist die strukturellen Vorbedingungen nach, die dem Wahnhaftwerden
der Erfahrungsweise der Angst zugrundeliegen. Unternimmt man es,
daseinsanalytische Gesichtspunkte, wie sie etwa L. Binswanger in seiner
«Schizophrenie» (21) entwickelt, auf die Erlebniswelt dieser Patientin
während ihrer transitorischen Psychose anzuwenden, kann man eine Erhellung
in Formulierungen finden wie: «Es handelt sich um ein völlig von
der unheimlichen Daseinsmacht des Schrecklichen überwältigtes In-der-
Welt-sein, um ein solches also, das nicht nur an Welt (im Sinne Heideggers
) verfallen ist, sondern in diesem Verfallensein das Schreckliche als
(«isolierte») Macht vernimmt (<fühlt>, <spürt>, <hört>, <sieht>).» Weiter in
bezug auf die Bestimmung des Wahns: «Wahnhaft nennen wir die
äußerste Konsequenz der Erfahrungsweise der Angst, wenn der Folgezusammenhang
des Schrecklichen sich als unheimliche böse Macht, als
Teufel, Dämon, schreckliche Stimme . . . erweist» (S. 452). Doch vollzog
sich bei dieser Patientin offenbar keine tiefgreifende «Wandlung des
Daseins im Sinne seiner Selbstentmächtigung und Unterwerfung unter
eine fremde Macht», sondern um ein vorübergehendes «Besessensein»
von einem Irrtum, der eine Affektlawine auslöste und zu einer dramatischen
Ausgestaltung auf einer Wahnbühne führte. Die Szenen des
Schrecklichen, die die Patientin monatelang erlebte, werden nicht dadurch
bagatellisiert, daß sich der Irrtum als auflösbar erwies, der Wahn
also korrigierbar war. In seinem akuten Stadium ist das Krankheitsbild


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_parapsychologie1959-02/0197