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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_parapsychologie1960-03/0199
ERNST JUNGER UND DIE ASTROLOGIE 195

liehen Reiz, der sie alle anderen mantischen Künste und Operationen überdauern
ließ. Ihm gesellt sich die Deutung der Konstellationen, die hohe und
nicht nur verstandesmäßige Geisteskräfte in Anspruch nimmt.»

«- Weder Gewinn und Verlust, noch Art und Höhe des Preises lassen sich
durch astrologisches Wissen beeinflussen. Medizinisch gesprochen, kann die
Deutung zwar Prognose und Diagnose, aber sie kann kein Rezept geben. Sie
kann den Stil beurteilen, aber kaum beeinflussen. Ebenso kann die Absicht
der Graphologie nicht in der Verbesserung der Schrift liegen. Der Versuch
würde nicht über die Norm hinausführen. . . Ein Mensch, der bewußt nach
dem Horoskop leben würde, gliche einem Schüler, der nach der Vorlage
schreibt . . . Außerdem entzieht uns die Kenntnis der Stunde dem Griff des
Schicksals nicht. Das ist ein Gedanke, der Shakespeare und Schiller faszinierte,
ein Thema für Geister, denen das Leben als Drama erscheint. Cäsar und Wallenstein
waren gewarnt worden.»

«- Über die Realität der Astrologie soll kein Urteil gewagt werden. Der
Streit um das, was wirklich an ihr ist, wird aufschlußreicher, wenn man sich
nicht an ihm beteiligt - wird er doch auf einem Felde geführt, auf dem zwei
Arten der Weltbetrachtung so schroff aufeinanderstoßen wie auf keinem anderen
. Das gibt uns eine Ahnung von der Vollkommenheit des umstrittenen
Gegenstandes, der unsichtbaren Welt.

Es wird für Menschen ewig müßig bleiben, über das zu streiten, was in den
Sternen geschrieben steht. Unbestreitbar jedoch bleibt ihr Bedürfnis nach
Schicksalsforschung, das unausrottbar ist und durch kein Wissen befriedigt
werden kann. Der Astrologe, der um die Anerkennung seiner Einsicht als
Wissenschaft sich abmüht, geht daher in verkehrter Richtung; der Erfolg
würde ihm ebensowenig nützen wie die Erfindung des Schachautomaten den
Schachspielern.»

«- Der Kampf des Gelehrten gegen die Astrologie hat etwas vom Angriff
gegen die Windmühlen. Er hält die Astrologie für eines der Gebäude, in deren
Bauplan er bewandert ist. Er mißt es an den Maßen der Logik und ihres
Erkenntnis-Stils und hält es für schlecht konstruiert. Er übersieht dabei den
Unterschied, der zwischen Begriff und Anschauung, zwischen abstraktem und
konkretem Wissen, und insbesondere den, der zwischen Wissen und Weisheit
besteht. Darum richten seine Angriffe auch wenig aus. Er sieht mit Ingrimm
das von ihm für unsinnig Gehaltene sich ausbreiten.

Wenn wir unvoreingenommen das Gebäude der Astrologie betreten, wird
uns bald spürbar, daß dort in der Tat ein Wissen obwaltet. Wir fühlen, daß
sich unsere Augen schärfen und astrologische Typen wahrnehmen, oder wenigstens
Typen, die den astrologischen ähnlich sind. Freilich sind diese Typen
nicht meßbar wie Figuren der Geometrie. Und darin liegt ihre Qualität. Sie
haben keinen Ziffernwert.


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