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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_parapsychologie1961-04/0022
C. G. JUNG UND DIE PARAPSYCHOLOGIE 19

sagen die Qualität des Augenblicks. Dasselbe gilt auch vom ausgelosten
Hexagramm des I Ging.

Ursprünglich hat Jung die astrologischen Zusammenhänge als Syn-
chronizitäten, d. h. als akausale Koinzidenzen zwischen der Sternkonstellation
und dem inneren oder äußeren Ereignis zu erklären versucht.
Gestützt auf die Forschungen von Max Knoll* konnte er jedoch nicht
umhin, die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhanges planetarer
Aspekte mit psychophysiologischen Dispositionen als denkbar zu betrachten
und damit auch eine kausale Erklärungsmöglichkeit der Astrologie
ins Auge zu fassen. Denn, so schreibt er, «wo immer eine Ursache
vernünftigerweise auch nur denkbar ist, wird die Synchronizität zu
einer höchst zweifelhaften Angelegenheit»**.

Man hat Jung gelegentlich sein Interesse für mantische Methoden, insbesondere
für Astrologie, als «unwissenschaftlich» vorgeworfen. Dabei
übersah man jedoch, daß es für den Psychologen, dem die Seele mit ihren
zum Teil wunderlichen Gebilden ein ernsthaftes Anliegen ist, keine noch
so erstaunliche Manifestation rationaler oder irrationaler Natur gibt, an
welcher er mit Achselzucken vorübergehen würde. Die traditionellen
Aussagen über die Sternzeichen sind die vielleicht ältesten Mythen des
Menschen, also psychische Bilder, die an den Himmel projiziert wurden.
Sie wurden nach Art der Projektionen dort quasi «vorgefunden».

«Daß wir keine Projektionen machen, sondern daß sie uns geschehen, ist eine
wohl zu beachtende Tatsache. Sie erlaubt den Schluß, daß wir unsere ersten
physikalischen und hauptsächlich psychologischen Kenntnisse in den Sternen
gelesen haben. D. h. im Weitesten das Nächste. Wir haben uns gewissermaßen
gemäß der Ahnung der Gnostiker aus dem Weltall «gesammelt». Deshalb spielte
in ihren Systemen bis zu den Manichäern die Idee der «Sammlung der
Lichtsamen» eine so große Rolle.»***

Astrologie hat also mindestens so viel mit uralten Mythen zu tun wie
mit den Sternen, denn das Horoskop stimmt - wegen der Präzession des
Frühlingspunktes - mit dem tatsächlichen Stand der Sterne gar nicht
überein. Diese Tatsache würde es nahe legen, die aufgrund der tradi-

* Es handelt sich um den Vortrag «Wandlungen der Wissenschaft in unserer
Zeit», insbesondere das Kapitel «Planetarische Wirkungen auf Sonne und
Erde». Eranos-Jahrbuch, 19 51, Zürich 1952.

** Naturerklärung und Psyche, S. 46.

*** Aus einem Brief von C. G. Jung, Juni i960.


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