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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_parapsychologie1963-06/0116
DER ANDERE FREUD

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Was Freud für seine Braut empfand, war eine «grande passion.» An
seiner eigenen Person erfuhr er die Gewalt der Liebe, mit ihren Wonnen,
Ängsten und Qualen. Letzteres vielleicht um so mehr, da er eine beträchtliche
Disposition zur Eifersucht besaß. Fritz Wahle, Künsder und
einer der engsten Freunde Freuds aus der damaligen Zeit, stand in dem
Ruf, er könne jede Frau einem anderen Manne abspenstig machen. Das
allein war für Freud Grund zur Beunruhigung. Nach einem Treffen, an
dem neben Freud und seiner Verlobten auch Wahle teilnahm, schrieb er
an die Braut: «Ich glaube, es besteht eine generelle Feindschaft zwischen
den Künstlern und uns Arbeitern im Detail der Wissenschaft. Wir wissen,
daß jene in ihrer Kunst einen Dietrich besitzen, der alle Frauenherzen
mühelos aufschließt, während wir gewöhnlich vor den seltsamen Zeichen
des Schlosses ratlos dastehen und uns quälen müssen, auch erst für
eins den passenden Schlüssel zu finden . . .l6»

Das sind einige wenige Schlaglichter auf die stärkste, «libidinöse Objektbesetzung
» des Begründers der Psychoanalyse. Sie reichen völlig aus
zu der Erkenntnis, daß sich hier eine Kluft auftut zwischen der tradierten,
begrifflich exakten Lehre, nach der des Menschen Leben sich in den Angeln
der Sexualität dreht und der Wirklichkeit, in welcher uns der Libido-
spezialist Freud weit vielschichtiger und differenzierter erscheint.

Der dritte Gesichtspunkt, der das so häufig entstellte Freud-Bild zu
korrigieren vermag, ist das Berufsziel, das sich der Meister gesteckt hatte.
Als Freud nach 41 jähriger Tätigkeit auf seinen Beruf zurückschaut, stellt
er fest, er sei «eigentlich kein richtiger Arzt gewesen17.» Ehrlich, wie er
ist, sagt er weiter «aus meinen früheren Jahren ist mir nichts von einem
Bedürfnis, leidenden Menschen zu helfen, bekannt» und fügt trocken
hinzu «meine sadistische Veranlagung war nicht sehr groß18.» Warum
wurde er dann Arzt? Wittels hat hier eine Fährte aufgedeckt, der Jones
später gefolgt ist. Freud wollte bereits als junger Mann in die Rätsel der
Welt eindringen. Ihn bewegte, wie er selbst sagt, «eine Art von Wißbegierde
, die sich aber mehr auf menschliche Verhältnisse als auf natürliche
Objekte bezog19.» Hinzu kam ein sehr starker Hang zur spekulativen
Ausgestaltung: «In jungen Jahren war meine Neigung zum Speku-

16 Freuds Brief an M. Bernays vom 11. 7. 1882, vgl. E. Jones, Bd. I, S. 139.

17 S. Freud: Ges. Werke XIV, S. 291.

18 S. Freud: Ges. Werke XIV\ S. 291.

19 S. Freud: Ges. Werke XIV, S. 34.


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