Freiburger historische Bestände - digital

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JOHN MISCHO

2. ob jene Zeugen, denen der Bischof seinen Traum noch vor Eintritt der
Erfüllung mitgeteilt habe, eventuell zu einer eidlichen Aussage bereit
seien?

Unter dem Datum des 27. Juli 1918 erhielt er die in den «Psychischen
Studien» publizierte Antwort:11

1. «Warum so spät veröffentlicht? Es ist das Erlebnis eines noch lebenden
Mannes, der weit bekannt ist. Es ist selbstverständlich unangenehm,
viel von sich zu hören, disputieren zu lassen. . . Mein Bruder erzählte
den Traum nur in vertraulichen Kreisen... Ich kam erst 1916 mit ihm
zusammen. Damals verfertigte er für mich, oder eigentlich durch
meine Vermittlung für Pater Donat in Innsbruck eine Beschreibung.
Diese erbat sich P. Puntigam für ein Buch, ließ sie aber in den <Balkan-
stimmem abdrucken, und so kam sie in viele Zeitschriften. Mein Bruder
äußerte mir auch deswegen eine Art Mißfallen, da er seither schon
viele Korrespondenzen aufgebürdet bekam.

2. Ich selbst kam seither noch nie mit jenen Zeugen zusammen. Ein
Zeuge, meine Mutter, ist seither in der Ewigkeit. Der Hausdiener
Nikolaus ist jetzt bei meinem Bruder in Nagyvärad12; eine Dame,
Gast der Mutter, Fräulein S.,13 ist jetzt in Wien. Diese zwei können
immer noch befragt werden.»

Wie aus diesem Schreiben hervorgeht, wollte Bischof Lanyi den Traum
Prof. Donat zur Verfügung stellen. Dieser sammelte Material über parapsychische
Phänomene und wollte sich als Philosoph und Theologe ein
Urteil über die behaupteten Tatsachen bilden.14 Durch eine in ihren Konsequenzen
unüberlegte Handlung des P. Eduard Lanyi und des P. Puntigam
geriet das private Erlebnis des katholischen Bischofs in das Rampenlicht
der Öffentlichkeit. Die Reaktion Bischof Lanyis auf diese unautorisierte
Publikation umschreibt sein Bruder als «eine Art Mißfallen»,
das er ihm gegenüber geäußert habe.

10 gesperrt im Originalbericht.

11 Psychische Studien, XLV. Jhg. Heft 11, S. 465 ff.

12 Nagyvärad ist identisch mit Großwardein.

13 Der Name der Dame wurde von Pater Lanyi angegeben.

14 vgl. dazu Donat, J.: Psychologia, Heidelberg, 19469, bes. Kap. VII, de
specialibus statibus vitae psychicae, Art. 3, de occultismo, S. 345-366. Donat
berichtet kursorisch über die einzelnen Formen der außersinnlichen Wahrnehmung
und der Psychokinese, ohne jedoch Einzelfälle zur Demonstration
anzuführen.