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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_parapsychologie1965-08/0039
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GERHARD SANNWALD

Märchens), so erfolgt die Präkognition in der Regel in Form eines Orakelspruchs
. Auch wahrsagende Tiere bedienen sich dieser Form der Prophezeiung
. Daß der präkognitive Wahrtraum vornehmlich dem «normalen
» Menschen zugeordnet wird, dürfte bedeuten, daß er als die normalste
, gewöhnlichste, «menschlichste» Weise der Zukunftsvorschau erlebt
wird. Damit stimmen die Ergebnisse überein, die aus der statistischen
Aufbereitung der von H. Bender gesammelten parapsychischen Spontanfälle
gewonnen werden konnten47: anhand eines Materials von iooo
Fällen erwies sich nämlich, daß präkognitive Spontanerlebnisse in den
weitaus meisten Fällen in Form eines Traumes auftreten.

Jedoch besteht ein großer Unterschied zwischen den Wahrträumen,
wie sie im Märchen vorkommen, und denen, die als Spontanerlebnisse
mitgeteilt werden. Im letzteren Fall besteht zwischen dem Trauminhalt
und dem Realereignis, auf das er sich bezieht, lediglich eine Ähnlichkeitsrelation
; völlige Kongruenz ist selten. Fast immer gibt es gewisse Abweichungen
des Trauminhalts vom Realereignis; der gemeinsame Bezug
kann sich in den großen Zügen des Ablaufs ausdrücken, während die
Details mehr oder weniger stark abweichen, oder aber die Übereinstimmung
findet sich gerade in kleinen, jedoch signifikanten Details. Oder
- und auch diese Fälle kommen häufig vor - der Wahrtraum bildet das
Bezugsereignis symbolisch ab: es bedarf also zunächst einer Deutearbeit,
um hinter der symbolischen Verkleidung das gemeinte Realereignis zu
erkennen.

Die Wahrträume des Märchens sind dagegen ganz und gar realistisch.
Symbolische Verschlüsselungen gibt es so gut wie nie. (Josephs Träume,
die als symbolisch zu bezeichnen wären, zählen ja nicht zu den Märchen).
Im Wahrtraum des Märchens bildet sich das Bezugsereignis ganz genau
so ab, wie es später abläuft. Jedes, auch das geringste Detail des Traums
hat seine Entsprechung im künftigen Realereignis.

Auch dies ist, so nehmen wir an, eine Folge des determinierenden
Märchenstils. In einer Erzählform, in der das Stilisierte, Formelhafte so
stark ausgeprägt ist, das sogar ihr Wesen ausmacht, ist offenbar auch
das Bezugsereignis nichts weiter als eine formelhafte Wiederholung des
Wahrtraums. So sehen wir, daß das Märchen wohl immer wieder parapsychische
Phänomene in seine jeweilige Handlung einbezieht, sie aber
ganz seiner Struktur und seiner Eigengesetzlichkeit anpaßt. Selbst dort,
wo in den individuellen Ausformungen der einzelnen Märchentypen der


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