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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/fr_stadtbild_2003-11/0033
Erik Forssman

Klassische Säulen im Freiburger Stadtbild

In vielen deutschen Städten setzen Säulen wesentliche
Akzente in den öffentlichen Raum, etwa
in Karlsruhe, wo am Markt die Säulen im Mittelrisalit
des Rathauses denjenigen der evangelischen
Kirche gegenübertreten. Auch am benachbarten
Rondell prägen die monumentalen Säulen vor
dem ehemaligen Markgräfler Palais den Platz.
Ähnliches kann man auch in München erleben,
am Königsplatz, den Klenze an drei Seiten mit kolossalen
Säulen in den drei klassischen Stilen dorisch
, jonisch und korinthisch umstellt hat.
Nichts dergleichen in Freiburg. Auf den ersten
Blick fallen einem hier überhaupt keine Säulen
auf, erst wenn man nach ihnen sucht, entdeckt
man doch eine ganze Reihe, wenn auch nicht in
so imponierender Größe wie in anderen Städten.
Meist findet man sie als Würdezeichen beiderseits
des Eingangs von öffentlichen oder großbürgerlichen
Bauwerken.

Diesem uns hier interessierenden Phänomen
seien ein paar architektur-historische Bemerkungen
vorausgeschickt. Säulen unterscheiden sich
nicht nur durch ihre Größe voneinander, sondern
wesentlich durch ihren individuellen Charakter
. Seit der griechischen Antike gibt es in der
abendländischen Baukunst drei Stile, die anfangs
fast nur im Tempelbau in Erscheinung traten. Da
war zuerst der dorische Stil, der älteste, von ernstem
Ausdruck, einfach und ungeschmückt. Er
hat männliche Proportionen, denn die Höhe der
Säule beträgt das Sechs- bis Siebenfache ihres unteren
Durchmessers, so wie die Größe eines Mannes
sechs bis sieben Mal die Länge seines Fußes
betragen soll. Es folgt der aus Kleinasien nach
Griechenland gekommene jonische Stil. Seine
Säule hat mit acht Durchmessern Höhe schlankere
Proportionen und wurde deshalb mit einer
weiblichen Figur verglichen. Zu diesem Eindruck

trugen auch die Voluten beiderseits des Kapitells
bei, die der weiblichen Haartracht entsprechen
sollten. Und schließlich der dritte, der jüngste,
der korinthische Stil mit seinem Kapitell aus
Akanthuslaub und seinem besonders schlanken
Wuchs von bis zu zehn Durchmessern Höhe, daher
als jungfräulich verstanden und besonders
geschmückt.

Von den Griechen lernten die Römer den sinngemäßen
Gebrauch der Säulen. Im Zeitalter des Au-
gustus schrieb der römische Ingenieur und Architekt
Vitruvius seine „Zehn Bücher über die Architektur
" und definierte darin ein für alle Mal
die drei klassischen Stile, ihre Proportionen und
ihre Charaktere. Im Mittelalter war diese ganze
Materie so gut wie vergessen, doch in der italienischen
Renaissance wurde Vitruvs Architekturtheorie
wieder entdeckt und die drei griechischrömischen
Stile für zeitgenössische Bauaufgaben
adaptiert. Statt an Tempeln erschienen sie nun
seit um 1500 an Kirchen und Palästen, an Stadttoren
und Festungen, und zwar sinngemäß: die dorische
„Ordnung", wie es nunmehr heißt, an Bauwerken
männlichen Charakters wie Festungen,
Zeughäusern oder wo sonst Einfachheit und Stärke
demonstriert werden sollten. Die korinthische
Ordnung kam zum Tragen, wo Schönheit und
Pracht erfordert wurden, also an Kirchen, besonders
solchen, die der Jungfrau Maria geweiht
waren, aber auch an prächtigen Palästen, Triumphbögen
und dergleichen. Für Aufgaben mittleren
Anspruchs, seien sie öffentlich oder privat,
etwa für Rathäuser oder Bürgerhäuser, wählte
man gern die mittlere jonische Ordnung.
Parallel mit dem erneuten Gebrauch der antiken
Säulenordnungen entstand in der italienischen
Renaissance auch eine neue Architekturtheorie,
die in zahlreichen Traktaten in Wort und Bild vor-

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