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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/freiburg1898/0336
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Unser lieben Frauen Münster.

Baldachinen Aufstellung gefunden, so zwar, dass links und rechts je
drei noch auf der Westwand angebracht sind. Das erste Standbild
linker Hand, welches als der Fürst dieser Welt erklärt wird, besitzt
eine unverkennbare Verwandtschaft mit der entsprechenden Darstellung
am Münster zu Strassburg, während die dicht daneben befindliche merkwürdige
Allegorie der Frau Welt in ähnlicher Auffassung sich noch
an mehreren anderen deutschen Kirchenbauten nachweisen lässt*). Die
vier Gestalten, welche diesen Vertretern des Heidenthums und der
Sünde unmittelbar folgen, bereiten auf das Christenthum vor: der Engel,
aus dessen Munde Zacharias, da er im Tempel opfert, die Botschaft
empfängt, dass sein Weib den Vorläufer des Heilandes gebären werde,
dann Zacharias selbst in priesterlicher Kleidung, das Rauchfass in der
Rechten, Elisabeth und endlich Johannes der Täufer. Der Zusammenhang
ist hier so klar, dass die bisherigen abweichenden Deutungen in
Erstaunen setzen müssen. Das Opfer Abraham's dagegen befindet sich
vielleicht gegenwärtig nicht an seiner anfänglichen Stelle. Eher lässt
sich die Anreihung der Maria Magdalena mit dem Salbengefässe an
die Gruppe der fünf klugen Jungfrauen erklären, ohne dass man dess-
halb mit Schnaase**) anzunehmen brauchte, die äussere Aehnlichkeit
sei dafür bestimmend gewesen. Den Schluss bildet an dieser Wand
Christus selbst, in der einen Hand ein Buch, die andere erhoben, als
ob er die Jungfrauen zu sich heranwinke. Die südliche Fläche zeigt die
fünf thörichten Jungfrauen, sodann die Vertreterinnen der sieben freien
Künste und zuletzt die Heiligen Margaretha und Katharina.

Eine überaus grosse Fülle von Gestalten und figurenreichen
Gruppen belebt die Architectur des Portals. In den Kehlen der Leibungen
stehen zu unterst auf Sockeln von der zierlichsten durchbrochenen
Arbeit im Ganzen neun Figuren in der Grösse der eben aufgeführten,
und zwar südlich der Engel Gabriel mit einem Spruchbande, die
Jungfrau Maria, eine Taube als Sinnbild des heiligen Geistes auf der
Rechten tragend, Maria bei Elisabeth (Heimsuchung) und am äussersten
Ende die Vertreterin des Judenthums, ein gekröntes Weib mit verbundenen
Augen und einem zerbrochenen Stabe, während man auf der Nordseite
die drei Weisen aus dem Morgenlande erblickt und die Ecclesia, das
schöne, königliche Gegenbild der Synagoge. Am Mittelpfeiler des
Portals ist in herkömmlicher Weise die Muttergottes mit dem Kinde
dargestellt (vgl. S. 233). In den eigentlichen Bogenkehlen sind bis
zum Scheitel hin kleinere Figuren angebracht, welche alttestamentliche

*) Vgl. K. Schäfer, Frau Welt, eine Allegorie des Mittelalters, »Schauinslaud«, Bd. 17, S. 5S ff.
**) Geschichte der bildenden Künste, Bd. 4, S. 2g2.


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