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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1953-06/0009
Die Markgrafschaft

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leute", bis der „Sturm und das Gewitter" ihren
Ausdruck in den dramatischen Formen des Hochschwarzwaldes
finden.

Im Westen blauen die sanften Formen des
Kaiserstuhles, und dann steht ein Turm über
einer Stadt, ein Turm aus Tönen, ein Turm der
Anbetung und der überirdischen Erhabenheit,
der alles, aber auch alles vergessen läßt, was sich
bis zu seinem Fuße dem Auge aufdrängen will,
vor dem alle Ruinen schweigen: das Freiburger
Münster.

Wer kann dieses Wunder der Baukunst wohl
so erleben wie ein Mensch des Nordens, der von

6fernfcf)nuppen

£)cfd) du in fd)6ne Häd)te
am ©tetnefyimmel gfct)
he @d)uti/ nc Ijell! $uure?
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un waifd) toas dofce gf<f>ct) ?

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un gof)fcf) tut fremd! <&voa\t,
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im Dunfcl abe fallt.

£tna Ätomcr

2lu$: „3m 2Haue ^ue"

der gemessenen preußischen Strenge und dem
wortkargen Ernst der Schlüter-Schinkel-Rauch-
Stadt kommt und sich an der Perlenkette der
Städte ältester Kultur entlanggetastet hat zü diesem
Beethoven'schen Akkord der „Dankbaren
Gefühle nach dem Sturm*wo die liedhaften
Klänge, des trostvollen Dankes nach dem letzten
Grollen des vorübergezogenen Wetters das Herz
erfüllen, das aufblüht in dem Gefühl: Leben,
leben in Anbetung, in Ergriffenheit, in Hingabe!

Seht Ihr das alles auch so, Ihr, die Ihr immer
hier gelebt habt? Ist es Euch nicht doch vielleicht
zur wenig beachteten Selbstverständlichkeit geworden
wie die Berge und, daß die Sonne jeden
Morgen über ihnen auf- und am Abend über dem

anderen Rande der goldenen Fruchtschale, wieder
untergeht?

, Auch das Freiburger Münster könnte doch
in Trümmer liegen wie so manche Herrlichkeit
der deutschen Kunst! Man scheut davor zurück,
aufzuzählen, was alles nicht mehr da ist. Man
kann es nicht ausdenken, es ist zu schwer!

Ist es nicht ein Geschenk des Himmels, eine
täglich neue Gottesgabe, daß diese Freiburger
Herrlichkeit noch steht, daß Straßburg noch
steht, Basel, Breisach, Schlettstadt, Kolmar, daß
alle diese Fernrohre in die Herrlichkeit der
erhabensten deutschen Kunst, die von Gott
kommt und zu ihm zurück weist, noch da sind,
wenn, auch von kleinen, kümmerlichen Menscheninteressen
zertrennt, begrenzt, mit Stacheldraht
umzirkelt? Als wenn ein Geistesreich zu zertrennen
wäre! Was Gott zwischen zwei Gebirgen
zusammengefügt hat, das sollten die Menschen
nicht trennen!

* Der Blick in das Freiburger Münster, der
die Hochstraße des gotischen Geistes dem inneren
Auge öffnet, die Schönheit der Portale, Fenster,
Statuen und Altäre finden ihr Gleichnis in dem
Ausklang des Schwarzwaldes, der Basel zustrebt,
im Blick ins Münstertal, an dessen fernem Schluß
der Königsberg, .der Belchen, aufglänzt in seiner
stillen Ruhe und Wucht. Der letzte Akkord dieser
Symphonie erfüllt das Herz mit dem Frieden,
der höher ist als alle Vernunft, wenn man vom
Gipfel des Blauen den Blick schweifen läßt über
die alemannischen Lande dreier Staaten, die so
eng zusammengehören und so eines Geistes 'sind.
Sie tragen alle drei die deutsche Krone der
Kunst am Ober-Rhein.

Die Sonne sinkt langsam hinter die wundervolle
Linie der Vogesen. Der Sulzer Belchen und
der Hartmannsweilerkopf stehen machtvoll und
einsam über der gewellten Linie des anderen
Schalenrandes, in der das Land am Oberrhein
nun zur Ruhe geht. Fern blinken die Lichter der
Dörfer und Städte auf, eine zarte Dunstschicht
liegt am Fuße der Vogesen und verbirgt die
Einzelheiten, die der Tag sichtbar werden ließ.
Alles geht ins Große, Monumentale über. Mit
dem sinkenden' Abend verschwinden alle Grenzen
, alles kleine Menschenwerk, und es bleiben
nur der Himmelsdom und unter ihm das Land,
in dem die Juwelen der Baukunst in die höhere
Wirklichkeit hineinragen: Basel-Freiburg-Straßburg
.

Die Abendglocken tönen herauf zu den Bergesgipfeln
, der Abendstern strahlt in leuchtender
Schönheit über der schlafenden Pracht, die eines
Tages erwachen möge zur größeren Einheit.

Ein Vers von, Eicheridorff, dem Dichter eines
anderen zerteilten deutschen Landes klingt im
Herzen auf und möge auch die heutigen Gedanken
zur Ruhe bringen:

Und meine Seele spannte
weit ihre Flügel aus,
flog durch die stillen Lande,
als flöge sie nach Haus.

Hanns Bastanier


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