http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgjb-1954/0023
Zaunkönig vor dem Nest. Aufn. F.W. Hügin.
lasse, wird es im Osten merklich heller, und in dem mit Brombeergestrüpp
bewachsenen Hohlweg, den ich hinansteige, beginnt die Vogelwelt zu erwachen.
Vor mir auf einer Dornenranke sitzt der rotrückige Würger auf seiner Warte.
Neben mir im Gestrüpp wurmt eine Schwarzdrossel. Von dem Geäst einer
Eiche streicht ein Bussard ab, während unter ihm am Waldessaum eine Nachtigall
ihre herrliche Melodie schlägt. Andächtig bleibe ich stehen, um ihrem
Gesang zu lauschen. Mit ihrem schmetternden Lied läßt sie mich jede Müdigkeit
und die Last des Rucksacks vergessen. — Doch bald muß ich weiter.
Heute gilt mein Ziel der am Rande einer Lichtung nistenden Dorngrasmücke.
Seit fünf Tagen ist ihr Gelege geschlüpft, und vier nimmersatte Schnäbel
füllen das zierliche Nest.
Inzwischen erklingen in allen Tönen aus Busch und Baum die verschiedensten
Melodien. In dem hohen Tannendom rukt eine Taube. Der Specht
hämmert im morschen Geäst. Von seinem Lieblingsbaum steigt der Baumpieper
in die Luft, um dann mit leicht abfallendem Flug und monotonem Klang
auf seinen alten Platz zu segeln. Während der Kuckuck und der Wiedehopf
ihren Ruf vernehmen lassen, nähere ich mich der Lichtung. Vor mir flüchtet
Mümmelmann mit schnellen Sprüngen der sicheren Dichtung zu. Langsam
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