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Markgräfler Jahrbuch
3.1954
Seite: 35
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgjb-1954/0034
Heinrich Vierordt über Albrecht

„Ein wackerer Alemanne, einer der besten badischen Erzähler, der seinem
großen Landsmann Hebel in der kulturgeschichtlichen Novelle „Der Präzeptorats-
vikari" eine vorzügliche Huldigung dargebracht hat.

Albrecht mit seinen treuherzigen Augen, seinem breiten, behaglich lächelnden
Antlitz, war das Bild wohlwollender Menschenfreundlichkeit.

Einst zum katholischen Geistlichen bestimmt, hatte er im Freiburger Stift ein
Zerwürfnis mit dem streitbaren Weihbischof Lothar Kübel; er wurde infolgedessen
Protestant und sogar evangelischer Pfarrer, der in den 1870er Jahren, der Zeit
des unglückseligen „Kulturkampfes" seinen Groll gegen den Katholizismus Roms
in zwei umfangreichen, erzählenden Dichtungen bestätigte.

1884 trat ich ihm freundschaftlich näher und folgte der Einladung auf seine
bescheidene Pfarrei Kleinkems am Isteiner Klotz. Damals waren meine „Neuen
Balladen" gerade erschienen und der gute Mann in seiner Harmlosigkeit meinte,
seine geliebten badischen Landsleute schwer überschätzend: „Diese Balladen gehören
in jedes badische Haus!"

Dem humorvollen Pfarrer saß stets der Schalk im Nacken. Beim Herumsteigen
in den benachbarten Weinbergen um Kleinkems begegnete uns ein Winzer, der
Ratschreiber der Gemeinde; flugs stellte mein lustiger Gastfreund mich ihm als
den soeben aus der Residenz eingetroffenen Kassenuntersuchungsbeamten vor, so
daß dem erschreckten Gemeinderechner der Spaten vor Entsetzen aus der Hand
sank.

Im Gasthaus, wo wir ein Viertelchen Markgräfler zu vertilgen uns anschickten,
ward ich der Wirtin gar als Mitglied des Reichsgesundheitsamtes aus Berlin vorgestellt
, das gekommen sei, um die Oberländer Weinmarken auf ihre Echtheit zu
prüfen. Natürlich holte die biedere Alemannin schleunigst ihren besten Tropfen aus
dem Keller . . .

Im Herbst 1888, anläßlich einer Blauen-Besteigung zu Pferde, weilte ich wiederum
bei dem lieben Pfarrherrn, diesmal aber im gastlichen Pfarrhofe zu Laufen
bei Badenweiler, wohin er inzwischen versetzt worden war und wo der herrliche
„Laufener", der nach meinem Geschmack wenigstens wohlschmeckendste
badische Landwein gedeiht.

Dort, im Laufener Pfarrhause, ward der Abend mit grausigen Geistergeschichten
, deren ich in jungen Jahren stets eine erstaunliche Menge vorrätig auf Lager
hatte, in angenehmem Gänsehautzustande verschauert, und um Mitternacht ging
es sogar mit Lichtern prozessionsweis in den altehrwürdigen Pfarrhauskeller hinab,
wo wir unmittelbar aus dem „Hebelfaß" uns den Markgräfler zu Gemüte führten;
denn auch Hebel war einst der Gast dieses Hauses gewesen und hatte, nach verbürgter
Uberlieferung, aus diesem Fasse gezapft.

Dabei fällt mir ein, daß Anton Hermann Albrecht mir in Dinglingen bei Lahr,
wo er einige Altersjahre verlebte, erzählte, wie Scheffel durch seine — nämlich
Albrecht's — Ungeschicklichkeit beinahe zu Tode gekommen sei. Im Kegelspiel
sei ihm die Kugel beim Schleudern nach hinten, statt nach vornen, aus der Hand
geflogen und habe Scheffels Stirn um Fingerbreite gestreift: „Ja", seufzte er noch
so viele Jahre nachher, „um ein Haar wäre ich zu der traurigen Berühmtheit gelangt
, Scheffels Totschläger geworden zu sein. . ."

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