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Markgräfler Jahrbuch
3.1954
Seite: 73
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nachdem, was er für passend hielt. Einmal sperrte er nachts zwei Mädchen in die
Waschküche ein, als sie dort badeten und sang ihnen dann einen Spottvers, der
bald von Mund zu Mund ging. Um Mitternacht wurden die Mädchen dann erst
von einem vorbeigehenden Korbmacher befreit. Gingen die Jungen aber aus den
Spinnstuben nach Hause, sorgte er dafür, daß die Liebespärchen nicht zu lange in
den Ecken stehen blieben, und damit sie sich nicht dabei erkälteten, hatte er gleich
ein lustiges Verschen zur Hand. Als er bei einer Taufe in einer kinderreichen
Familie seinen Taufreim sagte, schloß er mit den Worten«: „Will's Gott, wird's
nit der letzt sy!"

„Mer wenn is abneh lo", sagte eines Tages der Nachtwächter zu seiner Frau,
als sie gleich ihm im hohen Alter stand. Er legte also seinen einfachen Sonntagsstaat
an, die Frau zog eine gute Schürze und ein schwarzes Brusttuch über das karierte
Kleid, setzte die Markgräfler Haube auf, die aber nach der damaligen
Mode nur auf der linken Seite und an der Stirn Fransen trug und nur auf der
rechten »Seite eine große Schleife hatte, und setzten sich im Grasgarten auf das
Bänkchen am Hause. Zum Zeichen ihrer treuen Zusammengehörigkeit reichten sie
sich die Hände und ließen so ihr Bild abnehmen, und das freundliche schalkhafte
Lächeln, seine klugen Augen und die hohe Stirn betrachtete man gerne. Als Acht-
undsiebzigjähriger wollte er an einem Nußbaum einen größeren Ast absägen, zog
sich aber dabei an der inneren Hand eine Verletzung zu, und eine Blutvergiftung
machte seinem reichbewegten Leben ein Ende . . . Nicht so lange zuvor hatte er
seinem Jugendfreund an der Bahre gesungen: „Das ist das beste in der Welt, daß
Tod und Teufel nimmt kein Geld, sonst müßte mancher arme G'sell für einen
reichen Bauer in die Holl!"

Aber er starb furchtlos und heiter, so wie er gelebt hatte, und hinterließ seinen
Kindern einen guten Mut, einen gesunden Humor und die frohen Erinnerungen
an den Nachtwächter mit dem roten Bart.

Erinnerungen an die Isteiner Fischerei

Von Fritz Schülin

Das alte Istein zeigt uns ein Doppelgesicht: Ein dem Strom zugekehrtes, das
urwüchsig herbe der Fischer und das jüngere, fröhliche der Rebleute, das sich
ebenso beharrlich dem Berg zuwandte. Diese Wesenszüge erkennt man teilweise
noch klar bei den Alten. Das Ende der berufsmäßigen Fischerei, Landnot und
Mißerfolge im Rebbau zwangen die Jungen zur Industrie. Das in Jahrhunderten
geprägte Gesicht unseres Dorfes am Strom, im herrlich grünen Kranz der Reben,
hat sich mit seiner Landschaft gewandelt.

Ein unsagbares Heimweh nach dem Urstromland unserer Väter zieht Augen
und Herz immer wieder zu den Bildern von Birmann und Kaiser. Trotz der unberechenbaren
Wildheit der reißenden Gießen, am Dorf und Klotzen vorbei, strahlen
sie alle eine gelassene Fröhlichkeit und feiertäglichen Frieden aus, all das, was
in den letzten Jahrzehnten Land und Leuten verloren ging. Maler sind die zuverlässigsten
Chronisten, sie runden und schönen das geschichtliche Bild der Heimat,

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