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Markgräfler Jahrbuch
3.1954
Seite: 98
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgjb-1954/0097
Ein furchtbarer Abend ist mir unvergeßlich. Einer der angesehensten Männer,
das Haupt der unterlegenen Partei, der Bürgermeiste der Stadt, war, des Hochverrats
angeklagt, in die Schweiz entflohen. Die mit den Kindern zurückgebliebene
Gattin, eine treffliche Frau, hatte mich zum Arzte genommen. Der Entflohene,
schwer leidend, kehrte zurück. Nach einigen Tagen kamen die Gendarmen, das
Hofgericht hatte sein Urteil gesprochen, er sollte aus den Armen von Frau und
Kindern in das Zuchthaus abgeholt werden. Ich wurde hinzugerufen und mußte
die bittere Verzweiflung der Familie mit durchmachen: der Mann, der das höchste
Ehrenamt der Gemeinde bekleidet hatte, wurde jetzt schimpflich in das Zuchthaus
abgeführt.

Die ersten Jahre nach der Revolution waren im ganzen Lande schrecklich. Allmählich
glätteten sich die Wogen. Unter dem milden Szepter des Fürsten, dem
heute ganz Deutschland Liebe und Verehrung zollt, kamen wieder bessere Tage,
es wurde vergeben und vergessen. Auch dem Hochverräter von 1849 ist noch ein
schöner Lebensabend geworden; seinen Mitbürgern war es vergönnt, ihn nochmals
an die Spitze ihres Gemeinwesens zu stellen.

Ungefähr zu derselben Zeit, wie ich, war ein junger Geistlicher, Hermann
Strübe aus Schopfheim, als Vikar nach Kandern gekommen, ein kluger, klarer
Kopf, ein warmes, heiteres Herz, ohne die Voreingenommenheit vieler seiner
Amtsbrüder, ein ausgezeichneter Kanzelredner und trefflicher Prediger christlicher
Liebe und Versöhnung. Seiner Jugend ungeachtet schenkten ihm beide Parteien
Vertrauen. Die düstere Stimmung im Städtchen hellte sich auf, das gesellschaftliche
Leben gestaltete sich freundlicher. Mir wurde der gleichalterige Mann ein treuer
Freund und ist einer der wenigen aus der Jugend, die mir der Schnitter, der uns
alle mäht, übriggelassen hat.

Land und Leute

Hinter Kandern erhebt sich in üppigem Waldschmuck einer der schönsten
Schwarzwaldberge, der Hochblauen. Aus dem quellenreichen Urgestein seiner südlichen
Abhänge entspringt der Kanderbach und eilt in starkem Gefälle von Marzeil
und Vogelbach herab nach Kandern. Er tritt hier in das Hügelland, das dem
Schwarzwalde vorgelagert an den Rhein sich erstreckt, und mündet bei Eimeidingen
in dessen Flut. Unweit davon, eine Meile nordwärts, steigt an dem Rheinstrom
steil empor der Isteinerklotz, ein Korallenstock aus der Zeit der Jurabildung.
Zu den Burgtrümmern seiner Höhe führt ein romantischer Fußpfad, teilweise eingehauen
in die Felswand, oben reicht der Blick weithin über das Rheintal zu den
Vogesen des Oberelsaß und der Jurakette der Schweiz.

Milder, als auf den Schwarzwaldbergen, wehen die Lüfte auf den Vorlandhügeln
. Prächtige Nußbäume zieren die Wege zwischen den sauberen Dörfern,
Weizen und Wein trägt der fruchtbare Boden.

Meine Praxis umfaßte das Gebiet vom Hochblauen bis zum Isteinerklotz. Zu
Fuß, zu Pferd und im leichten Wagen besuchte ich die zahlreichen Ortschaften.
Liebliche Landschaftsbilder entzückten mich in den Tälern, großartige Panoramen
auf den Höhen. Zwei der schönsten Aussichtspunkte winken ganz in der Nähe des
Städtchens: das vielgepriesene Bürgeln, weit vorspringend am Blauen mit der alten
Propstei der gefürsteten Abtei St. Blasien, und der Turm der Ruine Sausenburg,
der einsam hervorragt aus der dichtbewaldeten grünen Bergwand.

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