Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1955-02/0046
Die Frühjahrstagung der Arbeitsgemeinschaft

am 22. Mai 1955 in Wies

Es war ein frischer schöner Tag, als wir von Schopfheim wegfuhren und bei
Gündenhausen ins Tal der Kleinen Wiese einbogen. Aus der breiten Flußaue traten
wir hinter Wieslet, der Heimat des Malers Ernst Schleith, in das grabenenge Gebirgstal
ein, in das bei Niedertegernau die Ruine der Rothenburg herabblickte. Zur
Linken, Eichholz zu, ruht, verborgen in schönem Buchenwald, der Abschnittswall
der „Krandelburg", aber rasch erreichen wir Obertegernau, wo sich die Beichenwiese
mit der Köhlgartenwiese vereinigt. Hier stand einst der Dinghof der Röttier
und Rotenberger Herren.

Wir wollen dieses Mal nicht dem Belchen, dem königlichen Berg, dem vielgeliebten
Ziel des Wiesentälers entgegeneilen; unsere Fahrt wandte sich vielmehr
in das Tal der Tochter des tannendunkeln Köhlgarten. Unterwegs, an den gewaltigen
Steinbrüchen der „Schweizermühle", wies uns Herr Professor Litzelmann auf
eine auffallend geologische Erscheinung hin, eine Überlagerung, die er uns erklärte.
Die Straße war bis dicht vor dem im breiten Talkessel liegenden Dorf in gutem
Zustand, dann trug uns der Omnibus das lange schlauchartige Tal durch das weit
zerstreute Stockmatt hinauf zum „Lipple", dem Übergang vom "Wiesen- zum
Kandertal und über die Egerten ob Marzell zum Klemmbach- und zum Rheintai.
Hier standen wir auf der Wasserscheide, 895 m hoch, und vereinzelte Schneeflocken
begrüßten uns auf dieser abgeschiedenen Höhe, über die sich aber doch ein reger
Kraftwagenverkehr vom Rheintal her gegen Schönau, Feldberg und St. Blasien zu
bewegen pflegt. Wir sagten uns, daß dieses taufrische Tal mit seinen von der Straße
abgelegenen Höfen wie geschaffen zur Erholung wäre, wenn man nur die nötigen
hygienischen Einrichtungen in die Häuser einbauen könnte. Nach kurzem Aufenthalt
erfreuten wir uns abermals an der Schönheit des engen Tals, in dessen mattenbedeckte
und waldgesäumte Tiefe wir hinabsahen, um dann in Wies, dem Ziel
unserer Fahrt, anzuhalten. Hier erwarteten uns schon Herr Bürgermeister Seider
mit den Gemeinderäten. Sogleich begannen wir mit der Ortsbegehung, nachdem
wir uns über die Lage der Ortsgemeinden Fischenberg, Kühlenbronn, Wambach
und Demberg orientiert hatten. Unterwegs erläuterten unsere Führer diese und
jene Frage und Erscheinung, bis wir im Rathaussaal anlangten, den ein großes,
gut gemaltes Bild der Landschaft schmückte, ein Zeugnis der Liebe zu dieser hochgelegenen
Heimat. Hier gab uns Herr Bürgermeister Seider einen ausgezeichneten
Überblick über seine Gemeinde und vermittelte uns Einblicke in das Leben und die
wirtschaftlichen Verhältnisse. Besonders waren wir erstaunt über seine Mitteilung,
daß Wies die motorradstärkste Gemeinde des Kreises Lörrach sei; sie zählt über
100 Fahrzeuge. Begreiflich! Die jungen Leute erreichen auf ihnen die fern gelegenen
Arbeitsplätze, die ihnen das Einkommen bringen, das sie allein durch die
Arbeit in den Waldungen nicht erreichen können. Auffallend ist auch die Tatsache,
daß die bäuerlichen Handwerke, die in jedem Dorf daheim sind,
hier nicht mehr existieren, wie wir auch in anderen Gemeinden erkennen
können, daß diese Handwerksbetriebe heute schwer um ihre Existenz
ringen. Auf den gut ausgebauten Waldstraßen fährt heute der motorstarke Langholz
- und Scheiterwagen; das Pferdefuhrwerk ist von den Straßen fast verschwunden
und fristet sein Dasein nur noch auf schlechten Waldwegen und mit dem
Heranschleifen der Stämme an die guten Waldstraßen. So hat sich langsam aber
sicher das Bild der Dörfer gewandelt, das wir noch in seiner natürlichen Gemeinschaft
von Mensch und Tier in unserer Jugend gekannt und mit innerstem Gefühl
erlebt haben. Wer wollte heute mit schmeichelnden Worten eine Motorhaube

120


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1955-02/0046