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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1956-02/0042
Die ursprünglich personale Leibeigenschaft hatte sich in der oberen Mark-
Grafschaft zu Beginn des 16. Jahrhunderts längst in eine reale verwandelt.
Jeder, der sich im Oberland „bürgerlich niederließ", wurde, sofern er nicht
Leibeigener eines fremden Herrn war, damit automatisch zum Leibeigenen des
Markgrafen: die Luft machte leibeigen. Interessant ist nun, daß dem Markgrafen
nicht nur die eigenen Leibeigenen fronpfllichtig waren, sondern er
auch die in markgräflichen Orten eingebürgerten Leibeigenen fremder Herren
"u Fronen heranzog13).

Die einzelnen Gemeinden sind, wie es in den Berainen des Markgrafen14)
heißt, „der Herrschaft Rötteln reisbar15), Steuer- und dienstbar". — Zur ständigen
Erinnerung an die Gemeindepflichten wurde das Verzeichnis dieser jährlich
an einem Sonntag um den t. Mai vor versammelter Gemeinde durch den
Vogt verlesen. Außerdem mußten die Gemeinden bei Regierungswechsel dem
Nachfolger des verstorbenen Landesherrn, zumeist vertreten in der Person
eines höheren Beamten, huldigen und ihm den Untertaneneid leisten, womit
gleichzeitig wiederum eine Anerkennung der dem Herrn zu leistenden Dienste
und Abgaben verbunden war. Bei dieser Gelegenheit wurden häufig Beschwerden
vorgebracht und deren Abstellung vom Landesherrn verlangt; es kam
sogar vor, daß ihre Erledigung vor der Eidesleistung verlangt wurde15a).

Als unmittelbare Dorfobrigkeit ist der Vogt anzusehen. Dieser war durchweg
bürgerlich und entstammte einer angesehenen Familie aus seiner Vogtei
oder der Umgebung seines Wirkungskreises. Eine Reihe von Dörfern bildeten
meist zusammen eine Vogtei. Die Aufgaben des Vogtes umreißt das Stadtbuch
der Stadt Schopfheim wie folgt16): der Vogt muß und soll

der Herrschaft Nutzen fördern im allgemeinen

Kirchen-, Landes- und sonstige Ordnungen und Mandate treulich zu halten
„ein fleißiges Aufsehn haben"

die Armen in ihren Rechten schützen, den Nutzen Ihrer Fürstl. Gnaden
und der Untertanen fördern

den Amtleuten Ihrer Fürstl. Gnaden gehorchen und, wo etwas unklar,
sich bei ihnen Bescheid holen

Unrecht dem Frevelschreiber anzeigen

ein unparteiischer Vogt sein und jeden, besonders aber Witwen und
Waisen nach bestem Verstand beraten und helfen; den Gerichtsstab dem
Reichen brauchen wie dem Armen, dem Armen wie dem Reichen, den
Heimischen wie den „Frömbden", den Fremden wie den Heimischen,
ohne Freundschaft, Feindschaft, Haß oder Neid17).

Der Vogt ist fron- und steuerfrei. Außerdem hat er gewisse Beinutzungen
und darf eine bestimmte Anzahl „gefreiter Eckerichschweine" 18) — meist vier
Stück — laufen lassen19). Seine Instruktionen und Richtlinien waren niedergelegt
in Vogtordnungen und Vogtbüchern 20), einer Art für den Gebrauch des
Vogts bearbeitete Auszüge aus der jeweils geltenden Landesordnung.

In seiner Stellung als Vertreter der Obrigkeit kam es indessen auch vor,
daß ein Vogt sich Übergriffe erlaubte, indem er Leistungen von den Untertanen
und Mitbürgern für sich verlangte, die ihm nicht zustanden. So stritten sich
Tagelöhner zu Brombach mit ihrem Vogt, weil dieser von ihnen 1 XA Juchert
Wiese in der Heuzeit ohne einen Heller Entlohnung, also fronweise, mähen
zu lassen beanspruchte, was ihm aber nicht zustand21): der Vogt hatte nirgends
im Oberland Anspruch auf Gemeindefronen.

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