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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1958-01/0040
Der Merkantilismus als beherrschende Idee in der
Werbeschrift zur Niederlassung gewerblicher Betriebe

in der Stadt Lörrach

Von Dr. Jürgen Tacke, Duisburg

Die Werbeschrift der markgräflichen Regierung in Karlsruhe ist in mancher
Hinsicht bezeichnend für die Situation des Markgräflerlandes und der Stadt
Lörrach um die Mitte des 18. Jahrhunderts und für die Bemühungen des Markgrafen
auf dem wirtschaftlichen Sektor.

Die junge Stadt Lörrach hate ein nur verhältnismäßig gering entwickeltes
Handwerk und Gewerbe; es erschien dem Markgrafen zweckmäßig, dem Ort
in dieser Hinsicht besondere Förderung angedeihen zu lassen, wobei der Eifer
des Landvogts von Wallbrunn und das Beispiel des nahegelegenen Basel gewiß
nicht ohne Einfluß waren. Die Entfaltung und Förderung der produktiven
Kräfte bildete im Kern ja das Anliegen des Me rkantilismus und seiner
deutschen Ausprägung, des Kameralismu s. Die Einbeziehung der Lenkung
der Wirtschaft in den Aufgabenbereich des absoluten Staates wurde schon ein
halbes Jahrhundert lang für selbstverständlich angesehen, und ganz allgemein
üblich war es, daß der Staat unter politischen Gesichtspunkten in das Wirtschaftsleben
eingriff.

Karl Friedrich war jedoch kein Freund von Zwangs- und Gewaltmaßnahmen
gegenüber den Untertanen. Er war darauf bedacht, die wirtschaftliche Macht
des Landes dadurch zu verstärken, daß Geld ins Land gezogen wurde - sei es
durch „Capitalisten", „Rentenirer" und solche, die „nützliche Fabriken, die
mögen Namen haben wie sie wollen, . . . anzulegen gedenken", sei es durch
Exporthandel. Für industrielle Unternehmungen irgendwelcher Art war auswärtiges
Kapital unerläßlich; Versuche, größere industrielle Unternehmungen
„von Staats wegen" ins Leben zu rufen, wie sie kurz zuvor der rührige
Wallbrunn unternommen hatte, scheiterten in der Regel daran, daß das nur
in sehr geringen Mengen verfügbare freie Kapital sich nicht gern in industriellen
Unternehmen anlegte.

Jede gewerbliche oder industrielle Produktion war aber unbedingt auf den
Absatz auch außerhalb des Markgräflerlandes angewiesen, da der einheimische
Markt viel zu klein war und auch in keiner Weise gegen die fremde Konkurrenz
geschützt werden konnte. Ein starker Außenhandel, dem insbesondere
die Luxusgütererzeugung (z. B. Seide) diente, lag aber durchaus auch im Sinne
einer aktiven Handelsbilanz. Man hätte nun gern gesehen, wenn der Handel
nicht mehr fast ausschließlich von den Schweizern betrieben worden wäre,
sondern einige Händler von auswärts sich in Lörrach niederlassen würden,
damit der Gewinn aus dem Handel auch im Lande bleibe und dort verzehrt
oder angelegt werde.

Unter den „Fabriken", zu deren Anlage Lörrach sich so vorzüglich eignen
sollte, sind nicht nur zentralisierte Manufakturen zu verstehen, sondern ebenso
das Verlagssystem mit dezentralisierten Arbeitskräften (Hausindustrie). Dieses
war besonders bei der Textilindustrie - dem Gegenstand bevorzugten Interesses
des Merkantilismus - die übliche Form der Fabrikation. Ganz allgemein war
dabei meist die Färberei und Appretur in den Städten vereinigt, die Spinnerei
und Weberei blieb der kaufmännisch geleiteten Hausindustrie auf dem Lande
vorbehalten.

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