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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
21.1959, Jahresband, Ortsgeschichte von Egringen.1959
Seite: 67
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namentlich in Holland und England kennengelernt hatte. So hat er denn auch alsbald
mit Reformen begonnen, nicht überstürzt, sondern in maßvoller Art nach
reiflicher Überlegung und gründlicher Vorbereitung. Im Vordergrund stand die
Pflege der Landeskultur. Ihr dienten die Einführung neuer Futtergewachse wie
Klee, Runkelrübe und Welschkorn, die Hebung der Viehzucht, die Verbesserung
der Wollerzeugung durch Kreuzung mit spanischen Merinoschafen; die Weide
verschwand nach und nach aus dem Bild der Gemarkung, und die Kartoffel
rückte in die ehemalige Brachzeige vor. Es begann die Stallfütterung. Zur Erleichterung
des Verkehrs wurden die Landstraßen verbessert. Die inneren Verhältnisse
der Gemeinden ordnete die „Communeordnung" (Gemeindeordnung)
von 1760. Die Rechtsprechung erfolgte schneller infolge des beschleunigten Gerichtsverfahrens
. 1767 wurde nach dem Vorbild von England und Preußen die
Tortur abgeschafft. Für die Behandlung der Untersuchungsgefangenen wurde eine
milde Führung angeordnet. In der Behandlung der Verbrecher wurde der christliche
und menschliche Grundsatz beachtet, daß man in dem Übeltäter den irrenden
Bruder zu erblicken habe, dessen Besserung das Ziel der Strafe sei. Eine wohlgeregelte
Beschäftigung der Verhafteten wurde eingeführt.

Durch die wiedereingeführten Rügegerichte erhielten die Beamten einen gründlichen
Einblick in die Gemeindeverhältnisse; den Bürgern war die Möglichkeit
gegeben, Wünsche, Vorschläge und Beschwerden zu Gehör zu bringen. 1758
wurde eine Feuerversicherungsanstalt ins Leben gerufen, die Grundlage der
heutigen Gebäudeversicherung. Den Gemeinden war auferlegt, Feuerspritzen
anzuschaffen; die Ledereimer genügten also nicht mehr. Im Brandfall wurden
sowohl die männlichen als auch die weiblichen Einwohner zur Hilfeleistung beigezogen
. Dem Leichtsinn und der Verschwendungssucht wurde entgegengetreten:
Verordnungen ergingen gegen den Aufwand an Kindstaufen, Hochzeiten und
Leichenbegängnissen. Die Zahl der Feiertage wurde eingeschränkt, die Auswüchse
des Zunftwesens beschnitten.

Auf den Kammergütern wie auf den Staatsdomänen in den verschiedenen
Landesteilen stellte er dem Landmann vor Augen, was zur Verbesserung des Ackerbaus
geschehen könne; das Überführen mit Mergel wurde empfohlen, und wo es geschah
, öffentlich belobt. Durch Anlegung der Baumschulen förderte er den Obstbau
. Die Einführung der Seidenraupenzucht wurde durch die Anpflanzungen von
Maulbeerbäumen und die Abgabe von Eiern des Seidenspinners versucht. Maulbeerbäume
erheben sich heute noch da und dort in den Gärten oder an Straßenrändern
. Der allseits tätige Landvogt von Rötteln, der Freiherr Leutrum von
Er fingen, ein Landeskenner von ungewöhnlichem Maß, der jahrzehntelang das
Oberamt Rötteln in Lörrach verwaltete, war in allen Dingen, die die Landwirtschaft
betrafen, ein eifriger Helfer der Absichten und Bestrebungen des Markgrafen
. In 7 handschriftlich geführten Bänden, die heute noch im Generallandesarchiv
in Karlsruhe aufbewahrt werden, legte er die ungemein wertvollen Auszüge
aus Urkunden zur Geschichte und Kulturgeschichte jeder einzelnen Gemeinde
nieder, gab statistisches Material und Beobachtungen wieder und versäumte
auch nicht, auf alte Bräuche einzugehen, führte sogar die Über- und Spottnamen
der Gemeinde an. Gleicherweise sind auch die handschriftlichen Darstellungen
des späteren Hofrats W. H. Posselt vom Jahr 1790 bedeutsam. Er war
über 5 Jahre beim Oberamt Rötteln tätig gewesen und spricht davon beim Rückblick
auf jene Zeit und jene Landschaft, daß er in seinen Blättern ein kleines Opfer
zum großen vaterländischen Gemälde darbringen möchte, „zu welchem wohl
keine der badischen Landschaften reicheren Stoff darbiete, als die zwischen Basel
und Freiburg gelegene Landgrafschaft Sausenberg und Herrschaft Rötteln". Über
ein Jahrhundert hinüber klingt darin noch der Ruhm, der nach bitteren Kriegszerstörungen
dem Fleiß und der Beharrlichkeit der Markgräfler beim Wieder-

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