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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
21.1959, Jahresband, Ortsgeschichte von Egringen.1959
Seite: 72
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ganze Land brachte. Viele Tausende verließen ihre Heimat in Deutschland und
wanderten aus, meist nach Amerika. Vor dem Bezirksamt in Lörrach drängen sich
die Auswanderungsbereiten „haufenweise", um die Bewilligung zu ertrotzen. Die
Regierung sucht das Fieber zu dämpfen: Sie verbietet jegliche Rückkehr; sie
kündet ihnen alle Heimat- und Bürgerrechte auch für ihre Kinder für jetzt und alle
Zeit; sie haben an die Gemeindekasse 3% und an die Herrschaft 10% als Abzug
zu zahlen.

In städtischen Orten wurden Suppenküchen eingerichtet, um die Notleidenden
zu speisen. Grundstücke wurden um einen Spottpreis gegen Lebensmittel hergegeben
; der Bettel im Land nahm ungeahnte Formen an. Die Gemeinden, denen
die Armenfürsorge oblag, machten alle Anstrengungen, durch Zufuhr von außen
der Not zu steuern. Das Aufkaufen von Frucht durch Händler wurde verboten;
die Müller durften kein Weißmehl mehr mahlen. Die vorhandenen Bestände an
Lebensmitteln in den Häusern wurden kontrolliert; jeder durfte nur behalten, was
er für den Eigenbedarf notwendig hatte, alles andere mußte in das Kornhaus abgeliefert
werden.

Im Jahre 1821 war es gelungen, die beiden evangelischen Bekenntnisse - die
lutherische Markgrafschaft und die reformierte Pfalz - in einer Union zusammenzuschließen
. An der Spitze der unierten Kirche stand der Landesbischof; das war
der Großherzog. Der kirchliche Leiter war der Prälat. Erster Prälat war Johann
Peter Hebel, der viel zum Zusammenschluß der beiden Bekenntnisse beigetragen
hatte. Da das Bistum Konstanz aufgehoben worden war, mußte der katholischen
Kirche in Baden ein neuer Mittelpunkt gegeben werden. Papst Pius VII. errichtete
das neue Erzbistum Freiburg für das Großherzogtum Baden und das Fürstentum
Hohenzollern. Staat und Kirche waren sich anfänglich nicht einig über den Kandidaten
für den erzbischöflichen Stuhl. Erst 1827 gelang die Einigung. Der Freiburger
Münsterpfarrer Boll wurde der erste Erzbischof.

Auf Großherzog Karl folgte sein Oheim Ludwig, der Bruder des in Schweden
tödlich verunglückten Erbprinzen Karl Ludwig. Die beiden Kammern des Landtags
wiesen bedeutende Männer auf: in der I. Kammer saßen deren Präsident Markgraf
Wilhelm, der Führer der badischen Truppen in den Kriegszeiten, der Fürst
von Fürstenberg, der Bistumsverweser v. Wessenberg und sein Freund Prälat
Hebel sowie 2 Vertreter der Universitäten Heidelberg mit Professor Thibaut und
Freiburg mit Professor v. Rotteck. In der II. Kammer ragten hervor der Lahrer
Oberamtmann v. Liebenstein und der Ministerialdirektor Ludwig Winter. Eine
Scheidung in Parteien gab es nicht. Die Abgeordneten waren in Wirklichkeit die
Vertrauensmänner des Volkes, ihrer Wähler. („Funktionäre" saßen in ihr nicht,
denn diese sind nur durch ihre Parteien aufgestellt, aber nicht durch das Vertrauen
der Wähler auf die Liste gekommen.) Daher die schöne Einmütigkeit und der
Schwung, mit dem die Forderung nach Reformen vorgetragen wurde: Trennung
von Rechtsprechung und Verwaltung, Öffentlichkeit im Rechtsverfahren, Geschworenengerichte
, Preßfreiheit, Abschaffung der Zehnten und der Frondienste,
Verantwortlichkeit der Minister u. a. Aber der Ministerpräsident und seine
Kollegen brachten diesen Forderungen nicht das erwartete Verständnis entgegen.
Abstriche an den fürstlichen Aufwendungen, an den Ausgaben für das Militärwesen
, Forderung nach Zurücknahme des Erlasses zugunsten des reichsunmittelbaren
Adels erregten die Regierung, die sehr ungnädig die Vertagung verfügte.
Da kamen in Karlsbad 1819 die Minister sämtlicher deutschen Bundesstaaten zusammen
; ihre Beschlüsse zielten auf die Unterdrückung jeglicher freiheitlichen Regung
und insbesondere auf eine Beschränkung der Rechte der Landtage ab. Demgegenüber
kamen auch Fürstenkongresse zustande, und unter der Wirkung der Unterdrückungen
in Spanien, Italien und Frankreich veränderten sich auch die Verhältnisse
im kleinen Baden. Schroffe Gegensätze zwischen Regierung und Landtag

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