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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
21.1959, Jahresband, Ortsgeschichte von Egringen.1959
Seite: 79
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1959/0081
Wir vergessen nicht zu erwähnen, daß der Anblick des Schlachtfeldes von Solferino
einen jungen Schweizer, der sich auf der Heimreise befand, dazu brachte, helfend
einzugreifen und gemeinsam mit den Bauern der umliegenden Dörfer die Verwundeten
aufzunehmen und sie unterzubringen und einer ersten Pflege zuzuführen.
Er sah aber auch das abscheuliche und räuberische Wesen der Leichenfledderer,
der Hyänen des Schlachtfeldes, die die Toten und Sterbenden ausplünderten, um
Beute zu machen. Es war Henri Dunant. Er wurde der Begründer des Roten
Kreuzes, das in Krieg und Frieden sich selbstlos der Notleidenden annimmt und
international anerkannt ist.

Eine zweite Erregung brachte der Streit mit der katholischen Kirche. „Diese wollte
irgendeine Mitwirkung des Staates in kirchlichen Angelegenheiten nicht mehr
dulden. Eine solche bestand aber von den Zeiten Karl Friedrichs und der Aufklärung
her, wo die staatliche Bürokratie die Kirche bevormundete. Nach hartem
Kampfe kam es zum Konkordat (1859), doch der Sturm der Entrüstung darüber
in Volk und Landtag führte 1860 zu einer Reihe von Gesetzen, die an die Stelle des
Konkordats zu treten hatten. Den beiden Bekenntnissen ward weitgehendste
Freiheit in der Ordnung ihrer inneren Angelegenheiten zugestanden; die Einführung
religiöser Orden wurde von der widerruflichen Genehmigung des Staates
abhängig gemacht; die Leitung und Beaufsichtigung des Unterrichtswesens behielt
sich der Staat vor. Die Überwachung des Religionsunterrichts wurde den
Kirchen überlassen. Um die Gewissensfreiheit für gemischte Ehen zu verbürgen,
wurde die Notzivilehe geschaffen." Diesen Entwürfen stimmten die beiden
Kammern zu, sie wurden also Gesetz. Der Friede war zwar noch nicht hergestellt.
1864 handelte es sich um das Schulaufsichtsgesetz. Es dauerte bis in die 80er Jahre,
den Frieden einigermaßen eintreten zu lassen. In der Stille war damals eine konfessionelle
Partei entstanden, die spätere katholische Volkspartei, die eine äußerst
eindringliche Agitation entfaltete, die Bevölkerung erregte und sie gegen den
Staat einnahm. Dazu kam die Verkündung der Beschlüsse des Vatikanischen
Konzils vom Jahr 1870, das die Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubenssachen aussprach
. Die im Widerspruch dazu stehende altkatholische Bewegung erhielt 1874 die
staatliche Genehmigung.

Baden war in den folgenden Jahren durch eine freiheitliche Gesetzgebung auf allen
Gebieten in eine Reformzeit eingetreten, die in rascher Folge ein Gewerbegesetz
und eine Gewerbeordnung, Gesetze über die bürgerliche Gleichstellung der
Israeliten, über Freizügigkeit, die Organisation der inneren Verwaltung, der
Gerichtsverfassung, der freiwilligen Gerichtsbarkeit, des Notariatswesens, über
die Reform der Mittelschulen, der bürgerlichen Standesbuchführung und Eheschließung
(die bisher den Pfarrämtern oblagen) herausbrachte; es erging ein
Gemeindegesetz und eine Städteordnung; die 2. Kammer der Landstände erhielt
eine größere Selbständigkeit. So wurde Baden zum „Musterländle", eine Bezeichnung
, die im Norden des Reiches über ein halbes Jahrhundert sich achtungsvoll
im Bewußtsein erhielt. In seiner stillen Landschaft spürte auch Egringen diesen
freiheitlichen Geist.

Seit 1856 ertönt sowohl von der 2. Kammer als auch von der Ministerbank der
Ruf nach einem deutschen Reiche. Vier Jahre später wird offen davon gesprochen,
daß der Wunsch nach der Lösung der deutschen Frage im Volke einen instinktartigen
Trieb erhalten habe. Großherzog Friedrich ist ein Feind des Partikularismus
auf dem Fürstenthron. In seinem Arbeitszimmer stehen die Büsten des Freiherrn
vom Stein und Ernst Moritz Arndts, der großen Rufer nach einem einigen
Reich von 1813. „Fürst, Minister und Volk am Oberrhein bilden eine geschlossene
Front am beginnenden Schlußakt der deutschen Einheitsbewegung." In Freundschaft
mit dem Großherzog verbunden, arbeitet der Minister des Auswärtigen,
Freiherr Fran^ von Roggenbach. Aber es klafft ein Riß in der Auffassung der Lösung:

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