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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
21.1959, Jahresband, Ortsgeschichte von Egringen.1959
Seite: 88
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größte Teil der Einschläge am Ostrand außerhalb der Häuser, aber die Scheune
des Reinhard Sieglin brannte ab. Am kommenden Morgen war das ganze Dorf
unterwegs mit Vieh und Wagen, auf welchen die wertvollste und nötigste Habe
schon lange verfrachtet war. Ober Wollbach führte der Weg durch den Wald nach
Steinen, wo für die Nacht Lager bezogen wurde.

In Hasel und Wehr fanden die Flüchtlinge Aufnahme. Das restliche Vieh wurde
in den nächsten Tagen nachgeholt. Inzwischen war von den deutschen Truppen
bei Breisach der Rheinübergang erkämpft worden. Am 22. Juni 1940 konnten die
Markgräfler wieder in ihre Dörfer heimkehren. Verschiedene Truppenteile, die
aus dem Frankreichfeldzug zurückkehrten, waren dann im Dorf einquartiert, am
längsten Teile eines Bau-Bataillons, bis diese Einheit im Frühsommer 1941 nach
Constanza verlegt wurde. Mit Beginn des Rußlandfeldzuges begann das große
Leid um gefallene Angehörige sich über viele Familien unserer Gemeinde zu
legen. Jahrelang nahmen die Trauernachrichten kein Ende und fanden schließlich
ihren Abschluß in der nagenden Ungewißheit über das Schicksal vieler Söhne
unseres Dorfes. Im Sommer 1943 kamen die ersten Evakuierten aus dem Industriegebiet
des Rheinlandes. Manche fühlten sich in den ruhigen und einfachen Verhältnissen
des Dorfes nicht wohl und verschwanden bald wieder. Andere lebten
sich gut in die Gemeinschaft ein und haben ihre Verbundenheit mit den damaligen
Gastgebern bis heute bewahrt. Als Ersatz für die fehlenden landwirtschaftlichen
Arbeitskräfte kamen im Sommer 1940 kriegsgefangene Polen ins Dorf, die zum
großen Teil zuverlässige Helfer waren. Sie wurden später bei ihren Arbeitgebern
untergebracht und genossen eine bedingte Freiheit. Ein Kommando gefangener
Franzosen stand unter Bewachung, trotzdem entwich einer nach dem andern, als
die Zeit dazu reif war. Alle verfügbaren Arbeitskräfte, auch Frauen und Mädchen,
wurden im Spätsommer 1944 aufgeboten, um am Rhein Verteidigungsanlagen zu
bauen. In Erwartung kommender Gefahren brachten die meisten Familien große
Teile ihres Hausrates zu Bekannten in rückwärtige Gebiete. Im Herbst kamen
Flüchtlinge verschiedenster Art den aus Südfrankreich weichenden deutschen
Truppen voraus. Ende November war die Front plötzlich wieder an den Rhein
gerückt. Einige Granaten, die nachts in der Nähe des Dorfes einschlugen, gaben
darüber Gewißheit. An dem hellen und klaren Nachmittag des 15. Januar 1945
erfolgte die erste planmäßige Beschießung unseres Ortes. Dabei brannte die gemeinsame
Scheune des Adolf Enderlin und Hermann Weiß ab. In den folgenden
Wochen wiederholten sich die Feuerüberfälle zu den verschiedensten Tages- und
Nachtzeiten, so daß die gesamte Einwohnerschaft in den als schußsicher erachteten
Kellern nächtigte. Mehrere Familien waren meistens zusammen in einem solchen
untergebracht. Das schwerste Bombardement war in den Abendstunden des
4. März, bei dem neben sonstigen großen Gebäudeschäden die Scheunen des
Adolf Geitlinger und des Wilhelm Pflüger abbrannten. Der Unteroffizier Gustav
Weiß von hier wurde von einem Granatsplitter getötet, als er auf dem Weg zum
Brandplatz war. Am 15. März erlitt Frau Emma Brunner-Sieglin eine Splitterverletzung
, an deren Folgen sie am 25. März in Lörrach starb.

Schließlich mußte die am 24. April erfolgte Besetzung durch die Franzosen als
notwendige Beendigung einer unhaltbaren Lage hingenommen werden. Damit
fand für unser Dorf eine Ära ihren Abschluß, die mit soviel Versprechungen und
Hoffnungen begann, aber unsagbares Leid und Unglück gebracht hatte.

Manche Härte und Frivolität war in der folgenden Zeit zu erdulden. Die einquartierten
französischen regulären Truppen verhielten sich dabei maßvoll. Aber
kleine räuberische Gruppen, die zu Tag- und Nachtzeiten ins Dorf kamen, beunruhigten
und schikanierten die Bewohner des öfteren. Im ganzen darf gesagt
werden, daß die üble Zeit doch ohne folgenschwere Ausschreitungen von Seiten
der Besatzung verlaufen ist. Als erste Aufgabe nach Einstellung der Kampf hand-

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