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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
21.1959, Jahresband, Ortsgeschichte von Egringen.1959
Seite: 182
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Wie die Erträge von Jahr zu Jahr verschieden waren, so auch deren Preise.
Angebot und Nachfrage regelten auch damals, eher noch mehr als heute sprunghaft
die Preise. Die Überlieferung weiß von Zeiten zu berichten, da ein Acker
um einen Laib Brot feil war, während eine Wohlfeilheit im Jahre 1760 vorübergehend
die Leute von den Webstühlen lockte. Es fällt uns Heutigen trotz eigenem
Erleben im Umgang mit Geld und Geldeswert schwer, die rechte Beziehung und
das Maß für jene Verhältnisse zu Zeiten unserer Vorväter zu finden. Wir vergleichen
deshalb gern an Einzelbeispielen: 1730 bekam der Schulmeister von
jeder Haushaltung einen Laib Brot, der ihm mit 9 Krz (1938: = 27 Pf) berechnet
wurde.

Neben den obengenannten Fruchtsorten standen selbstverständlich noch Hafer
und Roggen; das zeigen die Gefälle: zunächst schöpfte „der große Spital zu Basel"
den Rahm ab. Außer 24 Pfd 14 ß 10 Pf Geld wurden jährlich in seinen Speicher
142 Mltr 4 Se Dinkel, 58 Mltr 5 Se Hafer, 12 Mltr 6 Se Roggen und 4 S 3 Eimer
Wein in seinen Keller geliefert.

Eine größere Bedeutung als heute genoß allgemein in früher Zeit der Rebbau.
Der Wein wurde als Handelsware zur Kapitalanlage bevorzugt. Die Herren,
welche in Egringen den Zins- und Zehntwein erhielten, zapften ohne bedeutende
Gegenleistung und Risiko ein gehöriges Maß von der Trotte weg. Sie belegten
mit Vorliebe ihre Reben beim Angebot an die Bauern mit zum Teil ungewohnt
hohen Lasten, dem sog. Teilwein, d. h. der Belehnte mußte für gewisse Stücke
den dritten oder den fünften Teil des Ertrages an den Grundherrn abführen. Das
grenzte teilweise an kapitalistische Wucherformen. Kein Wunder, wenn zuweilen
die vollen Boggden im Herbst einen Umweg an den bestellten und fremden Zehnt-
und Trottknechten vorbeifanden oder die schlechten und sauren Trauben unten
in den Örgele, mit ansehnlicheren zugedeckt, zum Abholen bereitstellten. Dieser
Bauernschläue zu begegnen, wurde vor jedem Herbst am Sonntag nach der Kirche
der versammelten Herbstgmai die Herrschaftliche Herbstordnung verlesen. Sie
ordnete den Herbstbeginn, den Tag der Vorlese für die Herrenreben, die genauen
Tageszeiten für den allgemeinen Herbst zwischen dem morgendlichen und abendlichen
Betzeitläuten, die Verwendung von nur geeichten Gefäßen beim Maßgeben
an. Die Beschwerdeschriften der Herren sind zuweilen an einigen Orten der Nachbarschaft
sehr unterhaltend zu lesen, in denen ausführlich beschrieben wird, auf
welche Art es einzelnen immer wieder gelungen ist, mit List die Maschen der fein
geknüpften Herbstordnung zu durchschlüpfen.

Als Handelsware stand unser Wein hinter dem Getreide erst an zweiter Stelle.
Leutrum spricht ihm nur mittlere Güte zu. Besonders die Stücke am Wassenberg
verschlechterten den Gesamteindruck. Aber sicher wurde unser Egringer nicht
allein von den „Armen und Dürftigen des Basler Spitals" getrunken, sondern
auch in manch einer der Basler guten Wirtschaften, die gerne den übrigen „Neuen"
guter Jahrgänge in unserem Dorf zu den von der Zunft der Rebleute festgesetzten
Preisen aufkauften.

Über den Rebbau, der in unseren Landen allgemein seit 1630 durch die hundertjährig
andauernden Unruhen und schweren Heimsuchungen rapide zurückgegangen
ist (um 1500 im Wassenberg 19 Mann werk, im Fischinger Berg [Läufelberg
] 55 Mann werk, zusammen 74 Mann werk), ließe sich viel Reizvolles und Anregendes
erzählen: von sagenhaft reichen Herbsten mit köstlichen Tropfen bis zu
völligen Fehlherbsten der letzten Jahre. An manchen Orten hat ein aufgeschlossener
Bauer für seine Generation Aufzeichnungen über die guten und bösen Weinjahre
im Kalender vermerkt, über den tödlichen Frost der Eisheiligen, über den rechten
Sonnensegen wie über naßkalte Sommer, über Preise, Wohlfeile und Teuerung,
alles in bezug auf seine Sorgen um Ernte und Herbst. Vielleicht blättert der eine
oder andere unter uns zuweilen noch gerne in den Notizen seines Großvaters und

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