Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
21.1959, Jahresband, Ortsgeschichte von Egringen.1959
Seite: 270
(PDF, 61 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1959/0272
stehen in Ansehung der jungen Leute". Die Anwesenheit der jungen Leute in der
Kinderlehre hatte der Schulmeister an Hand der Schulregister zu kontrollieren
bzw. Fehlende dem Pfarramte zur Bestrafung zu melden. Wenn Feiertage auf einen
Baselmarkt fielen, galt die Regel, daß der Gottesdienst in der betreffenden Gemeinde
so frühzeitig zu beginnen habe, daß den Gemeindegliedern die Teilnahme
am Markte darnach noch möglich werde. „Die Kirchenrüger, welche in der Kirche
die Aufsicht haben, sollen sowohl in Predigten als Kinderlehren auf die Abwesenden
wohl acht geben und sie dem Herrn Pfarrer anzeigen". Die Markgrafen verpflichteten
so ihre Landeskinder zum regelmäßigen sonntäglichen Kirchengang;
noch 1806 war dieser unumstößliche Pflicht. So war auch in Egringen damals die
gesamte Einwohnerschaft Sonntag für Sonntag in der Kirche zu finden. Gelegentlich
wurden im Rahmen der Verkündigungen im Gottesdienst auch weltliche Verordnungen
und Sittengesetze bekannt gegeben. In Notzeiten wurden besondere
Fürbittengebete angeordnet. War doch die Kirche der Markgrafschaft Staatskirche,
die unter dem Regiment des Landesherrn und seiner Beamten stand, an deren
Lebensäußerungen sich aber deshalb auch jeder Evangelische von Staats wegen zu
beteiligen hatte, wobei er auch ihrer Zuchtordnung unterstand. Erst das 19. Jahrhundert
brachte eine Lockerung dieser engen Verbindung von Staat und Kirche,
während es dem 20. Jahrhundert vorbehalten blieb, beide Größen im Wesen voneinander
zu trennen.

Schon seit den Tagen der Einführung der Reformation fand bei uns in der Markgrafschaft
als 2. Gottesdienst des Sonntags am Nachmittage die Katechismuspredigt
statt. Sie wandelte sich mehr und mehr in die „Kinderlehre", zu deren
Besuch die ganze ältere Jugend des Ortes verpflichtet war - in Egringen noch
nach 1800 die Söhne bis zum 24., und die Töchter bis zum 23. Lebensjahre. Wir
brauchen uns darum über die Höhe der sonntäglichen Beteiligung der Jugend an
der Kinderlehre nicht zu wundern: im Jahre 1760 z. B. sind es sonntäglich
52 Burschen und 50 Mädchen! Auch die Teilnahme der Erwachsenen an der
Kinderlehre war üblich und erwünscht. Sie saßen als stille Zuhörer dabei, während
die Jugend sich im Halbkreis um den Altar versammelt hatte - die Burschen rechts
und die Mädchen links. Die Unterweisung begann.mit Gesang und Gebet und
wurde durch das von 2 Jugendlichen aufgesagte Glaubensbekenntnis eröffnet. Ihr
lag zur fortlaufenden Besprechung der damalige Große Katechismus zugrunde.
Die Jugendlichen hatten dabei nicht nur zu antworten und ihre Kenntnisse unter
Beweis zu stellen, sondern mußten oft auch den Hauptinhalt der Vormittagspredigt
wiedergeben. Im 19. Jahrhundert wurde aus der Kinderlehre unsere heutige
Christenlehre.

Es gab zur markgräflichen Zeit auch viele Gottesdienste außerhalb der Sonntage5
. An jedem 1. Mittwoch des Monats feierte man überall im Lande einen allgemeinen
Bußtag. Noch zur Zeit des Regierungsantritts Karl Friedrichs in der
Mitte des 18. Jahrhunderts wurden in Egringen nicht nur die hohen Feste dreitägig
begangen, sondern auch eine Reihe anderer Feiertage wurden als Ruhetage
gehalten, z. B. Mariä Reinigung und Verkündigung, Michaelis, Johannes Baptista
sowie die Namenstage der Apostel. Nach dem Urteil der Regierung war die Vielzahl
dieser Feiertage eine Quelle „schändlichen Müßiggangs, der Schwelgerei und
anderer Üppigkeiten", so daß man 1753 nach dem Gottesdienst an den Aposteltagen
die Wiederaufnahme der Arbeit befahl. Drei Jahre später wurden die meisten
dieser Feiertage dann ganz aufgehoben, auch sollten die hohen Feste nur noch
zweitägig gefeiert werden. Von den restlichen Feiertagen blieben nur noch das
Neujahrsfest, Epiphanias, Mariä Empfängnis, Gründonnerstag, Karfreitag und
das Himmelfahrtsfest übrig. Trotz Abschaffung der alten Feiertage reiften aber
vereinzelt auch neue Feiertage heran und riefen zum Gottesdienst. Im Jahre 1756
wurde ein bis dahin im November gefeierter allgemeiner Fast-, Büß- und Bettag,

270


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1959/0272