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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
21.1959, Jahresband, Ortsgeschichte von Egringen.1959
Seite: 276
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zu seiner vollen Befriedigung. Das Schulgeld von 36 krz pro Jahr wurde in Armutsfällen
vom Almosen bezahlt.

Als Ergänzung des Schulunterrichts wurde auch in Egringen im 18. Jahrhundert
nacheinander die Industrieschule, die Nachtschule und die Sonntagsschule eingeführt
. Die wichtigste von ihnen war die Industrieschule, die vor allem den
Mädchen die Möglichkeit gab, das Spinnen, Stricken und Nähen zu erlernen. Auch
für die Buben wurde in vielen Gemeinden Unterricht in der Handarbeit erteilt. Sie
lernten dabei Stroh flechten, Netze stricken, Holzuhren machen u.a. Vor allem armen
Kindern sollte hier eine Verdienstmöglichkeit eröffnet werden. Als 1769 bei der
Visitation in Egringen festgestellt wurde: „Näh- und Strickschule Mittwoch und
Samstag nachmittags; nähen bisher nicht, weil keine Meisterin ausfindig zu
machen. Weil viele Hausmütter selbst nicht nähen können, sehr nützlich. Wollen
sehen, eine zu bekommen", erfolgte noch im selben Jahre der strikte Befehl aus
Karlsruhe: „Oberamt und Spezialat haben dafür zu sorgen, daß der Gemeinde
Egringen zu einer Näh-Lehrmeisterin unverzüglich verholfen, sofort die Nähschule
angefangen werde". Die Buben, besonders die Hirten und armen Buben,
wurden daraufhin zur Erlernung des Strickens verpflichtet. Wo es die Not erforderte
, konnte gegen Kinder, die das Spinnen, Nähen und Stricken nicht ordentlich
erlernen wollten, und deren Eltern auch Zwang angewandt werden. Damit
stehen wir vor dem Beginn unseres heutigen schulischen Handarbeitsunterrichts.
Auch von dem in der Industrieschule Geleisteten waren jährlich Proben an den
Kirchenrat einzusenden. Der Spinnunterricht konnte zuerst nur über den Winter
gehalten werden, da der am Ort angepflanzte Hanf zum Frühjahrsbeginn meist
aufgesponnen war. 1771 wurde befohlen, daß sich die Gemeinde von auswärts
Hanf aus Gemeindemitteln zu besorgen habe, damit an Regentagen auch im
Sommer mit den Kindern gesponnen werden könne. Die Kenntnisse der Lehrmeisterin
der ersten Zeit werden gerühmt. Die Vorgesetzten stellen von ihr fest:
1772: „Sie verstehe alles wohl"; 1777: „für die beste hier gehalten". Als Entlohnung
erhielt sie zuerst 1769 für die Spinn- und Strickschule aus der Gemeindekasse
6 fl., für die Nähschule 5 fl. 36 krz. Nebst der Fron- und Wachfreiheit ihres
Mannes gab man ihr 1773 aus Gemeindemitteln 4 fl. 48 krz und für Platz und
Holz 10 fl. Der Unterricht dürfte also in ihrem Hause stattgefunden haben. So
übten sich die Buben im Stricken und die Mädchen im Spinnen und Nähen.

Die Sonntagsschule wurde nach der Kinderlehre sonntäglich vom Schulmeister
erteilt. Sie hatte einerseits die Fortbildung der religiösen Kenntnisse durch Bibellesen
, Liedersingen, Beten und Katechismusfragen zum Ziele, diente aber auch
andererseits der Vermehrung des bürgerlichen Wissens durch fortbildenden
Unterricht in Lesen, Schreiben und Rechnen. Zur Teilnahme war die gesamte
Jugend bis zum 20. Lebensjahre verpflichtet. Außerdem hatte der Lehrer seit 1775
noch die„Extrastund" mit den aus der Schule entlassenen Burschen zu halten (im
Sommer wöchentlich einmal, im Winter dagegen viermal), in der Geometrie,
Zeichnen, Rechnen, Briefschreiben besonders mit den Handwerkern getrieben
wurde. Dem Lehrplane nach war diese Schulart eine Vorläuferin unserer heutigen
Berufsschule. Weil sie am Abend stattfand, nannte man sie meist „Nachtschule".
1775 und 1776 hören wir, daß sie in Egringen nicht gehalten worden sei, weil
„niemand da sei, der ein Handwerk erlerne, bei dem der Zirkel gebraucht" werde,
und „zum Briefschreiben und Rechnen sei niemand freiwillig" gekommen. 1777
wird sie an den meisten Orten der Diözese gehalten. 1780 erfahren wir erneut, daß
sie in Egringen ausgefallen sei, als Gründe werden dieselben wie 1775 und 1776
angegeben. Außerdem habe „der Schulmeister nicht genügend Brennholz und
niemand wolle das Licht bezahlen".

Wieviel Mühe steckt hinter all diesen verschiedenen schulischen Anstrengungen!
Wenn auch der Lehrer der alten Markgrafschaft sich mit dem heutigen Lehrer-

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