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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
21.1959, Jahresband, Ortsgeschichte von Egringen.1959
Seite: 282
(PDF, 61 MB)
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wird bei hergestelltem Frieden viele Klugheit erforderlich sein, zwischen großer
Strenge und großer Nachsicht die Mittelstraße zu treffen und wieder gute Ordnung
herzustellen." Aber ein halbes Jahrhundert später, als das Jahr 1848 kam,
hatten es weder Strenge noch Nachsicht der vergangenen Jahrzehnte hindern
können, daß im Zuge der Revolution auch in Egringen „der Geist des Widerspruchs
" aufloderte. Ein Teil der Gemeinde stand unter dem Einfluß des Lehrers
Lehmann auf seiten der Revolution, während sicherlich Pfarrer Fernand, der große
Verehrer des Großherzogs, mit dem anderen Teil der Gemeinde auf der Gegenseite
gestanden sein muß. Doch schon 1853 konnte der Visitator wieder feststellen
: „In dieser früher braven Gemeinde ist der bessere Geist wieder herrschend
geworden, und einzelne von der Revolution her Verkommene haben wieder auf
bessere Wege eingelenkt". Und 1855: „Die Gemeinde Egringen gehört zu den
schlichten, einfachen Landgemeinden, in welchen der Bauer nicht über seinen
Stand hinaus trachtet und nicht durch einzelne einflußreiche Halbgebildete auf
falsche Fährte gebracht worden ist. Wenn auch früher durch den ... Schullehrer
Lehmann und das benachbarte Efringen nachteilig auf einen Teil der Bürgerschaft
eingewirkt worden ist, so hat doch der alte, bessere Geist wieder die Oberhand
gewonnen".

Freilich müssen wir auch in Egringen mit dem Aufhören der Kirchenzucht und
ihrer Bevormundung im 19. Jahrhundert im Blick auf die Sonntagsfeier u. a. eine
rückläufige Bewegung feststellen, von der wir heute noch nicht wissen, ob sie
zum Stillstand gekommen ist. Man war sich seiner Handlungsfreiheit bewußt
geworden, und was bisher um des Gesetzes willen geschah, war von nun an auf
Grund eigener Erkenntnis und freiwilliger Hingabe weiter zu pflegen. Dies
geschah zwar weithin lange Zeit noch in unserem Dorfe - aber nacheinander
bröckelte mancherlei ab, was bisher noch fester Bestandteil christlicher Sitte gewesen
war. Vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1869 lesen unsere
erstaunten Augen anläßlich der Visitation: „In der Christenlehre erscheint die
Jugend regelmäßig ... mit Ausnahme des obersten Jahrganges der Knaben,
welcher bisher stets Schwierigkeit gemacht hat, indem die Pflichtigen, z. T. selbst
die Eltern, von der Meinung ausgehen, der Besuch der Christenlehre sei nur bis
zum 18., sogar bloß bis zum 16. Jahre verpflichtend. Die kirchlichen Organe haben
im Verein mit dem Bürgermeisteramt und gestützt auf die Synode alle zu Gebot
stehenden Mittel angewendet, um einen regelmäßigen Besuch wieder herzustellen
. Es bleibt indessen zu bedauern, daß die Bestimmung der Unionsurkunde
,bis nach vollendetem 18. Jahre' nicht in Einklang zu bringen ist mit derselben der
Konfirmationsordnung, welche 4 Jahrgänge verlangt." Da allen Bemühungen
zum Trotz im 4. Jahrgange nach Abschluß des 18. Lebensjahres kein regelmäßiger
Besuch der Christenlehre mehr zu erreichen war, beschloß die Kirchengemeindeversammlung
am 9. 12. 1874, in Zukunft nur noch 3 Jahrgänge zu verpflichten
. Auch der Besuch der Christenlehre durch Erwachsene hatte sehr nachgelassen
. 1874 hören wir, daß der Besuch von seiten der Frauen spärlich ist,
Männer aber kommen nie. Die Schwierigkeiten in der Christenlehre waren aber
nur das Anzeichen für einen tiefer liegenden Schaden: Die Einheit der Gemeinde
im sonntäglichen Kirchgang ging ihrem Ende entgegen und verfiel „wie überall
im Markgräflerland". Schon 1869 hören wir: „An gewöhnlichen Sonntagen dürfte
der Besuch des Gottesdienstes besser sein. Die Ursache des ungenügenden Besuches
Hegt besonders darin, daß während manche Glieder sehr regelmäßig erscheinen
, andere den Gottesdienst als eine bloß äußerliche Pflicht anzusehen
scheinen, von der sie sich so oft als möglich losmachen. Noch andere bleiben aus
Bequemlichkeit oder Mangel an guter Gewohnheit häufig weg". 1872 bedauert
der Evangelische Oberkirchenrat angesichts der Kirchenerneuerung, daß in der
Gemeinde der Zug zu den Gottesdiensten nicht allgemeiner und nicht kräftiger

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