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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
21.1959, Jahresband, Ortsgeschichte von Egringen.1959
Seite: 283
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sei. 1899 hören wir von zunehmendem Materialismus, der nur das Irdische schätzt.
Auch werden Stimmen laut, die von „religiöser Gleichgültigkeit" reden. 1925
hören wir die Klage: „Die Festtage finden gefüllte Kirchen, die gewöhnlichen
Sonntage weisen je nach Jahreszeit verschiedenen Besuch auf. Indessen läßt sich
die Tatsache nicht unterdrücken, daß die der Christenlehre entlassene .männliche
Jugend nicht mehr so zahlreich die Kirche besucht wie vor dem Kriege." Es
muß uns darum heute im Blick auf die Zukunft eine innere Mahnung sein, was
der Evangelische Oberkirchenrat im Visitationsbescheide 1954 zu der Notwendigkeit
einer gesunden christlichen Sitte auch in Hinsicht des sonntäglichen Gottesdienstes
für Egringen feststellte: „Es mag sein, daß schon vor 50 Jahren das
Gotteshaus während der Sommerzeit viele leere Bänke aufwies. Aber vor 50 Jahren
bahnte sich auch schon jener innere Verfall an, dessen äußere Auswirkungen wir
1945 erlebt haben und hoffentlich in Zukunft nicht noch schmerzhafter erleben
müssen. Wenn wir schon von Tradition sprechen wollen, dann muß auf jene
Zeiten zurückgegriffen werden, von denen die alten Kirchenbücher Kunde geben,
und die 100 Jahre und weiter zurückliegen. Damals war es auch in Markgräfler
Gemeinden Brauch, daß kein gesundes Gemeindeglied am Sonntag den Gottesdienst
versäumte, und damals gab Gott auch seinen äußeren Segen zu dem Tun
der Menschen, die ihn ehrten. Wir wollen in unserem Brauch anknüpfen an jene
Zeiten und an die Zeit der Reformation, wo der Gottesdienstbesuch geradezu eine
Männerangelegenheit war, und wo es zur Würde des Mannes gehörte, sich
öffentlich und furchtlos zu Jesus Christus zu bekennen."

C. Ein Blick in die Egringer Zuchtordnung

Die noch vorhandenen Egringer Zensurprotokolle umfassen die Jahre 1755-1819.
Eine Auswahl aus ihnen mag uns genügen, um zu sehen, in welcher Weise die
Zensur einst bei uns gehandhabt worden ist. Vieles, was darinnen verhandelt
wurde, erscheint uns Heutigen als ein Eingriff in die private Sphäre des Einzelnen.
Es gilt aber zu bedenken, daß die geistesgeschichtliche Lage einst eine andere
war als die heutige. Die Kirchenzensur war zugleich Zufluchtsstätte für erlittenes
Unrecht und Stimme der Öffentlichkeit, die auf saubere Lebensführung sah. Selbstverständlich
bringen die Protokolle nur Einzelfälle, und wir müssen uns gar sehr
hüten, nach ihnen eine ganze Gemeinde zu beurteilen. Was hier in Egringen geschah
, geschah anderswo genau so - vielleicht noch mehr! Auch hat das Gros
der Gemeinde nie vor der Zensur gestanden. Wir spüren in den Protokollen nicht
nur die richtende, sondern vor allem auch die helfende Hand, die auf den rechten
Weg führen will.

1755 Simon Br.: Wegen Trunkenheit 4 Stund Häusle.
Conrad B.: Behandelt seine Frau unmenschlich.
Da Verbrechen zu groß: Bericht ans Oberamt.

8 Jugendliche: Sämtliche vermahnt wegen versäumter Kinderlehr.

1756 Stophel M.: Spielt im Haus in der Weihnachtszeit. 2 Stund Häuslein.
Ermahnung an alle Gemeindeglieder, das Spielen in den Häusern zu unterlassen.
Martin B.: Uberlautes Plaudern in der Kirche: 30 Krz.

Weil den Schulmeister öffentlich in der Kirche geduzet: 30 Krz.

Jak. W. und Frau: Tun den Eltern allen Verdruß an und sagen ihnen Reden, die

nicht erlaubt sind sagen. Tun Abbitte und Versprechen Besserung. Sonst: Bericht an

Oberamt.

Hans E's Magd: Verleumdet Elisabetha L., sie habe des Spitalmeyers Pferd verhext
, daß es davon crepiert. Urteil: fehlt.

Claus D.:Von seiner Frau als Flucher verklagt. Auch mißhandelte er sie wegen
Kinderlosigkeit. Urteil: fehlt.

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