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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
21.1959, Jahresband, Ortsgeschichte von Egringen.1959
Seite: 295
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1959/0297
bekanntesten Gliede der Tulla'schen Familie an Glück und Glanz auf Erden beschieden
war, kam in gleicher Fülle als Leid auf seinen Großonkel herab, der 1735
als Pfarrer in unsere Egringer Gemeinde kam. Nach seinen eigenen Angaben in
Kriegszeiten 1703 geboren als Sohn des Hertinger Pfarrers Gottfried Tulla, kam er
1733 als pastor adjunctus, d. h. zur Unterstützung des dortigen Pfarrers ins schöne,
aber schlecht besoldete Tüllingen. Auf Bitten seines Schwiegervaters, des Herrn
Speziais Hölzlin in Lörrach, wurde ihm 1735 vom Markgrafen die Pfarrei Egringen
übertragen, wo er zukunftsfroh mit Frau und Töchterlein alsbald eintraf und ihm
am 27. 2. 1736 sein Sohn Lorenz geboren wurde. Doch schon 1740 mußte er mit
blutendem Herzen den Tod seiner Frau ins Sterbebuch eintragen: „... gestorben
den letzten Abend vor dem neuen Jahr und den 4. Januar hier in der Kirchen
neben dem Taufstein rechter Hand, wenn man hineingeht, begraben... Alter:
2Sy2 Jahr." Angesichts seiner unversorgten Kinder verehelichte er sich zum
zweiten Male mit Anna Sophie Gaupp, der Tochter des Beuggener Rechnungsrates
von Fischingen. Doch Gott hatte des Leides noch mehr ihm zugedacht. Zwar
wurden ihm hier noch 4 Töchter geboren, aber dann kam das Unglücksjahr 1752,
in dem Spezial Walz, Lörrach, am 18. Juni an den Markgrafen berichten mußte:
,,Es hat durch göttl. Verhängnis den Pfarrer Tulla zu Egringen ein sehr betrüblicher
Zufall betroffen, welcher ihn sein Amt zu verwalten außer Stand setzt. Derselbe
besteht in einer Mania, welche zu Zeiten so heftig wird, daß man ihn anbinden
muß, hernach aber auch wieder so weit nachläßt, daß man ihn unangebunden
lassen kann. Leute, die genauer mit ihm bekannt sind, wollen schon einige
Zeit an ihm die Vorboten dessen bemerkt haben. Es blieb aber bis in Anfang dieses
Monats verborgen, da er selbst etliche Pfarrer zu sich berief, ihnen seinen innstehenden
Tod ankündigte und einem aus ihnen die nächste Sonntagsarbeit zu
übergeben bewog. Den 7. wollte derselbe auch die monatliche Bußpredigt verrichten
: allein der an Leib und Gemüt beunruhigte Pfarrer zu Egringen lief denselben
Morgen in aller Frühe zu ihm und unterbrach sein Vorhaben, dagegen er
selbst zurückkam und anstatt der Predigt eine Betstunde hielt." Die durch den
Chirurgen Zollikofer von Hertingen an ihm versuchte Kur schlug fehl und sein
Zustand verschlimmerte sich mehr und mehr. Vogt Eckenstein mußte den
Markgrafen bitten, zur ordnungsgemäßen Versorgung der Gemeinde einen Vikar-
Adjuncten nach Egringen zu beordern, der sich mit ihm in die Pfarrbesoldung zu
teilen hatte, wobei er den Bruder der jetzigen Pfarrfrau, Präzeptor Gaupp zu
Lörrach, in Vorschlag brachte, der aber auf höchste Anfrage törichterweise antwortete
, daß er solches Amt eigentlich nicht suche. An seiner Stelle wurde nunmehr
Theophilus Haf, der Hügelheimer Pfarrerssohn, am 29. 11. 1752 nach
Egringen berufen, wo ihn sein Pfarrer in Kost und Logis zu nehmen hatte. Doch
dieser muß eine sehr empfindsame Seele gewesen sein. Denn bereits am 9. 12. berichtet
er dem Markgrafen: „... es würde mir höchst empfindlich fallen, wenn in
Ansehung der zu bejammernden Umstände Pfarrer Tullas, da man vor ihm des
Lebens nicht nur nicht gesichert sondern auch wegen seiner vielen z. T. kränklichen
und elenden Kinder viel Verdrusses und in Betracht der bei ihm eingerissenen
äußersten Mittellosigkeit einer schlechten und unordentlichen Kost sich zu gewärtigen
hat, durch solche in dem Amt irritiert, verhindert und verdrießlich gemacht
werden müßte". Er bittet darum um Trennung von der Pfarrfamilie und
Überlassung der halben Besoldung, um außerhalb des Pfarrhauses wohnen zu
können. So brachte man ihn unter im Hause des Basler Spitals-Schaffners, wobei
die Pfarrerin % der Besoldung und sämtliche Accidentien an ihn abzugeben hatte.
Denn im ganzen Ort war kein Zimmer für ihn ausfindig zu machen. Aber über
Pfarrer Tulla hören wir den lakonischen Satz: „wurde 1753 auf einem Karren ins
Tollhaus nach Pforzheim gebracht, entwich aber nach einiger Zeit von hier nach
Karlsruhe, wo er durch zwei Probepredigten dem Kirchenrat seine Geistesklarheit

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