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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 112
(PDF, 52 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-01/0114
Die Auswanderung aus dem Markgräflerland nach Siebenbürgen

in den Jahren 1742 - 1751, mit besonderer Berücksichtigung

der Müllheimer Exulanten

Von Karl Seith

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts erlitt die ganze Markgrafschaft Baden-Dur-
lach einen größeren Bevölkerungsverlust durch die Auswanderung in fremde Länder.
Während die unteren Herrschaften um Durlach den Abzug vieler Familien und
Einzelpersonen nach Nordamerika erlebten, wandten sich die Markgräfler aus den
Herrschaften Rötteln-Sausenberg, Badenweiler und Hochberg dem Hochland von
Siebenbürgen zu, folgten dem Lauf der Donau in der Richtung nach Südosten. Hoch-
berger wandten sich auch nach „Servien" (Syrmien, Panslawonien) und siedelten
bis zur Save.

Drei Ursachen wirken in dieser Erscheinung zusammen: Dreißig Jahre vorher
hatte Markgraf Karl Wilhelm dem Prinzen Eugen ein Regiment ausgesucht
schöner Leute aus seiner Markgrafschaft nach Ungarn zum Kampf gegen die
Türken geschickt. Ersatztruppen rückten 1717 nach. Sie hatten auch in Siebenbürgen
gefochten; einer ihrer Offiziere, der Herr Haller von Hallerstein - sein Schloß
stand in der Gegend von Rastatt - war seinen Wunden erlegen und hatte sein Grab
in der Kirche von Hermannstadt gefunden.

Die Heimkehrenden werden von dem schönen und fruchtbaren Land erzählt
haben. Beim Bau ihrer Schanzen fanden sie metertiefen schwarzen Boden.

Zum andern waren kaiserliche Werber am Oberrhein erschienen
, die die Leute aufmunterten, nach Siebenbürgen zu ziehen. Sie versprachen ihnen
so viel Land, als sie brauchten, Glaubens- und Gewissensfreiheit, eigene Schule und
eigene Verwaltung in den Orten der dort wohnenden „Sachsen". So nannten sich
die Bewohner des Landes, die in Dörfern und Städten im Arm der Ost- und Südkarpathen
wohnen, obwohl ihre alte deutsche Heimat die an der Westgrenze des
Reiches gelegenen Grafschaften Flandern und Brabant gewesen waren
und sie sich von rechts wegen „Franken" hätten nennen müssen. Aber wie der Stamm
der Alemannen im Westen bei den Nachbarn die Gesamtbezeichnung für den Deutschen
überhaupt gegeben hat, so gab der Sachsenstamm, weil er der Grenzstamm im
Osten war, seinen Namen an alle Deutschen ab, die nach Osten oder Südosten zogen.

Die Siebenbürger Sachsen waren 1143 eingewandert,
wohnten da, noch bevor Barbarossa mit seinem Kreuzheer durch den Balkan zog.
Sie waren gerufen von den Königen von Ungarn, um die Karpathenpässe vor den
von Süden her andringenden Gefahren, vor allem den Oströmern und ihrer unterjochten
Völker, später vor den Türken und Wallachen zu sichern und zu schützen.
So erbauten diese in den engen und langen Karpathenpässen ihre starken Sperrburgen
, und in jedem einzelnen Dorf führten sie die Kirchen nicht nur als Gotteshäuser
, sondern als befestigte Kirchenburgen auf, umgaben sie mit Mauern
, zuweilen in dreifachem Ring, schlössen die Kirchhöfe mit starken Tortürmen
ab, richteten in der Innenseite der Mauern Kammern ein, die den einzelnen „Wirten
" - das sind die Familienväter - zugewiesen wurden zur Aufbewahrung von
Getreide oder Mehl, von luftgetrocknetem Fleisch und anderen Lebensmitteln. Die
Mauern dieser romanischen Kirchen waren dick, besaßen kleine Fenster; die Sakristeien
waren besonders gesichert; dort hielten sich, wenn der Feind anschwärmte, die
Frauen und Kinder auf. Als einzigem Land der Erde hat allein in Siebenbürgen
der deutsche Bauer „Kirchenburgen" erbaut.

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