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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 115
(PDF, 52 MB)
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In diese Welt strömten nun die Markgräfler herein - Evangelische zu
Evangelischen. Denn so war es der Wille der Regierung in Wien. Daher
kamen die Katholiken etwa ins Tiefland des „Banats", der „Hungrischen Pfalz",
der „Baranja" am Oberlauf der Teiß, wo der Tokajer Wein gedeiht, in die „Schwäbische
Türkei", nach „Syrmien" oder „Panslawonien", also hier zwischen Donau
und Save. Hotzenwälder wurden in den „Schwabenbergen" bei Budapest angesiedelt
, wo sie zum Weinbau übergingen, so z. B. um Budaörs.

Von Gersbach bis in den Kaiserstuhl fuhren die „Exulanten" (Auswanderer
) mit ihren Fuhrleuten nach Ulm, wo sie auf den breiten Ulmer „Schachteln"
verladen wurden und dann mit den Schiffen durch die gefährliche Enge der Wachau
nach Wien fuhren. Dort erhielten sie ihre Papiere und ihre Kommissare, die sie
nun weiterhin geleiteten. Uber D e b r e z i n und das Tal der Schnellen
Kreisch (ungarisch Körös) entlang, das Bihargebirge überschreitend, kamen sie
nach Klausenburg. Von da zog ihr Treck gen Süden in das Tal der Maros,
und über die Festung Karlsburg fuhren sie in das Seitental des Mühlbachs ein.
Hier lag im Kranz der Hügel die Stadt Mühlbach, das Ziel der Auswanderer
. Es war der „Unterwald", nördlich von Hermannstadt.

Durch schwere Kriegsschicksale, durch Pestzeiten, durch die Fehljahre von 1739,
1740 und 1741, denen abermals eine starke Pestepidemie folgte, war Mühlbach so
schwer niedergesunken und herabgekommen, daß Christian Möckel in seiner 1883/84
erschienenen Schrift „Die Durlacher und Hanauer Transmigranten in Mühlbach"
schreiben konnte: „Sicherlich hätte Mühlbach sein deutsches Gepräge ganz eingebüßt,
gleich den einst deutschen Unterwaldgemeinden Langendorf und Reichau, Klein-
pold, Logdes, Tschappertsch, Weißkirch u. a., hätte ihm das Schicksal nicht außer
tüchtigen Führern . . . einen gesunden Einwanderer ström zugeführt.
Die Ansiedlungen bedeuten für Mühlbach das weitaus wichtigste Ereignis des 18.
Jahrhunderts, wurden sie doch entscheidend für das ganze weitere
Schicksal des Deutschtums in dieser Stad t."

Und hier erfahren wir auch den dritten Hauptgrund der Auswanderung: der
Mangel an Boden in der alten Heimat angesichts des Bevölkerungswachstums
. Hatte doch der Hofrat Reinhard 1749 über
die Lage in der Herrschaft Badenweiler an die Regierung in Karlsruhe berichtet:
„Das Land ist mit Untertanen allzusehr übersetzt. Die Volksvermehrung ist beträchtlich
. Das Kulturland kann nicht vermehrt werden. Die weitere Zerstückelung
ist unaufhaltsam. Daher steht die Verarmung der Bevölkerung in sicherer Aussicht.
Das Bettelvolk wird vermehrt werden. Daher soll man arme, liederliche und kinderreiche
Untertanen ziehen lassen." Die Regierung antwortete, man solle diejenigen
ziehen lassen, die weniger als 200 Gulden Vermögen hätten, sie müßten aber ihre
Schulden zuvor bezahlen, sich mit einer Gebühr von der Leibeigenschaft loskaufen
und das Abzugsgeld entrichten. Eine Ausnahme galt aber für die kinderreichen
Familien: die Vermögensgrenze von 200 Gulden galt für sie nicht.

Aber das Zukunftsbild war es, das wie eine Erlösung wirkte: In Siebenbürgen
Land zu erhalten , so viel eine Familie zu bauen
vermöchte, Mithilfe beim Hausbau, Gestellung von Saatgetreide, Anteil an
Wald und Rebbergen, Steuerfreiheit für die ersten Jahre und bürgerliche Aufnahme
in die sächsische Gemeinde.

Im Jahre 1742 trafen Vorboten aus dem Durlacher Land
ein: am 13. April 1742 tauft in Mühlbach seinen Sohn der Transmigrant Martin
Flubacher; Paten sind dabei Johannes Breitenstein (aus Müllheim),
Johannes Riedacher (wohl von Lipburg) und als Patin Ursula Gugelmann (wohl
von Hügelheim). Das waren die Vorboten, und diese berichten in Briefen an ihre
Verwandten in der Markgräfler Heimat. Die Wirkung war gewaltig. In der Herr-

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