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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 140
(PDF, 52 MB)
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auf dasselbe einzuwirken, und unter Leitung der Ärzte sich der Pflege der Verwundeten
zu widmen." „Bevor jedoch", so schreibt Frau Struve in ihren Erinnerungen
weiter, „der Plan zur Reife gedeihen konnte, zog das Hauptquartier schon
wieder von Müllheim ab".

Im übrigen war Frau Struve sehr zufrieden mit den Erfolgen in Müllheim. Sie
schreibt: „Die günstigsten Nachrichten trafen von allen Seiten ein. Müllheim selbst
bot dem Freiheitsheere mannigfaltige Hilfsquellen. Unsere Sache nahm hier einen
großartigen Aufschwung. Sämtliche Abgesandten, welche von verschiedenen Seiten
gekommen waren, um sich nach dem Stande der Verhältnisse zu erkundigen, kehrten
mit den bündigsten Versprechungen und den besten Hoffnungen in ihre verschiedenen
Heimatorte zurück . . . Die Rede, die Gustav Samstag nachmittags vom Bal-
kone des Stadthauses an das versammelte Volk hielt, machte auf dasselbe augenscheinlich
einen tiefen Eindruck. Bis spät in die Nacht kamen von allen Seiten bewaffnete
Scharen an, welche zum Teil mit klingendem Spiel und bei hellem Fackelscheine
ihren Einzug hielten."

Ebenso war der Kommandierende Löwenfels mit dem Erfolg der Aushebung
in der Umgebung durchaus zufrieden. Auch er berichtet, daß alsbald die
kräftigen Wehrmannschaften der Umgebung von allen Seiten her mit roten oder
schwarz-rot-goldenen Fahnen, mit roten Armbinden geschmückt, eintrafen und die
Errichtung der deutschen Republik mit Jubel begrüßten. „Es war kein Zweifel
möglich", so schreibt Löwenfels, „das Volk wollte die Republik. Warum hat es die
Republik nicht errungen? Weil es durch jahrelange Unterdrückung seine natürliche
Kraft und Selbständigkeit eingebüßt und die Fähigkeit verloren hat, sich in dem
entscheidenden Augenblick durch rasches und geschicktes Handeln zu helfen."

In seinem Spottgedicht vom „weltberühmten Struwwelputsch" schreibt Nadler:

Lörrachs große freie Geister
Packten Amt und Bürgermeister,
Struwwel packt die Kassen ein
Und ließ Lörrach - Lörrach sein.
Denn er eilte hin gen Staufen,
Weilt in Müllheim eine Stund';
Blankenborn mußt' los sich kaufen,
Tausend Gulden zahlen rund,
Mußt, als teures Angedenken
Ihr auch seinen Wagen schenken
Und vier Pferde obendrein,
Und sie dankte und stieg ein.

Diesem Spottvers liegt folgende historische Tatsache zugrunde: Wie an andern
Orten, so wurden auch in Müllheim Gelder konfisziert und den ihrer „fürstlichen
Gesinnung" verdächtigten Privatleuten Kontributionen auferlegt. Es wurde ausgeschellt
, es müsse jeder beim Zuge erscheinen; auf Weigerung wurden Strafen zunächst
bis 500 fl., später bis 1000 fl. festgesetzt. Bald nach Struves Einzug erschien
beim Abgeordneten Nicolaus Fr. Blankenborn ein Führer mit sechs Bewaffneten,
um ihn vor die provisorische Regierung zu führen. Dort erklärte ihm Löwenfels, er
sei antirepublikanisch und solle deshalb eingesperrt werden. Auf Blankenborns
Protest hin und seine Erklärung, er habe Kinder und Kinder seiner Freunde bei
sich und etwa 60 Mann Einquartierung und könne sich deshalb nicht einsperren
lassen, erwiderte Löwenfels, wenn Blankenborn 1000 fl. Kaution leiste und Sicherheitswache
nehme, so dürfte er nach Hause gehen. Es wurde also der Bürger J. Bikel
mitgeschickt, um das Geld zu holen. „Da habt ihr das Blutgeld", soll Blankenborn
gesagt haben, als er einen „Stumpen" Kronentaler auf den Tisch hinstellte. Um

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