Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 168
(PDF, 52 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-01/0170
vom Namenschatz früherer Generationen. Für Müllheim fand ich tausend Flurnamen
, von denen etwa 350 heute noch lebendig sind. Der älteste lebende Flurname
ist die E r n g u p f e in Obermüllheim aus dem Jahre 1262. Der älteste überhaupt
stammte aus dem Jahre 1255. Natürlich geben diese Jahreszahlen das Datum der
ersten Erwähnung in einem Schriftstück an, nicht das Jahr der Entstehung. Aber wo
nicht geschrieben wird, da gibt es keine Geschichte. Wenn wir nun die 1200-Jahr-
Feier begehen, dann handelt es sich in Wirklichkeit auch um das Jubiläum der
Ersterwähnung, nicht der Entstehung des Ortes, die um weitere Jahrhunderte zurückliegt
.

Die alten Belege sucht man in Grundbüchern und Rechnungen im Stadtarchiv,
die bis 1608 zurückgehen, in alten Abgabebüchern, Urbaren, Berainen, Kauf-,
Tausch- und Schenkungsurkunden der letzten tausend Jahre, soweit sie noch erhalten
sind. Für Müllheim zuständig erwiesen sich das Generallandesarchiv Karlsruhe,
das Stadtarchiv und das Erzbischöfliche Archiv in Freiburg, das Stadtarchiv und
Pfarrarchiv Neuenburg, das Departementalarchiv Colmar und das Staatsarchiv
Basel. Daß die Archivalien so verstreut sind, geht auf die alten Besitzverhältnisse
zurück. Hier hatten Güter die Klöster Gnadental in Basel, St. Urban in der Schweiz,
woran das Rebstück im u r b e im Reckenhag erinnert, Adelhausen in Freiburg,
St. Peter mit Sölden im Schwarzwald, das dem Petersbännle den Namen
gab, St. Blasien mit Bürgeln und Sitzenkirch und aus dem Elsaß Lützel, Murbach
und Päris, vgl. Pärismatten. Dazu kamen Dutzende von weltlichen Herrschaften
.

Ich möchte an dieser Stelle nicht versäumen, allen Beamten in diesen Archiven
für ihre Bereitwilligkeit und ihr Entgegenkommen zu danken. Sie gingen auf meine
Wünsche ein, sie beantworteten meine vielen Fragen und sie vertrauten mir manche
wertvollen Dokumente an.

Mit Absicht zeigte ich den langen Weg zur Sammlung auf. Wie wichtig die
alten Belege zur Deutung sind, möchte ich an einigen Beispielen demonstrieren.

Oft sind es gerade die einfach aussehenden Namen, die am schwierigsten zu
deuten sind. Nehmen wir die Weidenhube am Reckenhag. Erste Erwähnung
1492 zer widern Huoben. Mittelhochdeutsch (mhd.) h u o b e ist ein Landmaß
, heute „Hufe"; mdh. widern ist das der Kirche gestiftete nutzbare Gut
(Wittum). Der Name bedeutet also „das Stück Land, das der Kirche gehört". In
der Mundartform wiidehuebe lebt die mhd. Form noch weiter. Widern
taucht auch in anderen Namen auf. 1492 lesen wir von einem widenacker
beim Krottenhag, 1496 von einem widemholtz im Eichwald. Überall handelt
es sich um Kirchenbesitz, auf den auch die spätere Benennung Pfaffenhölzle
für Widemholz weist (1793). Früher gab es keine Gehälter oder Staatszuschüsse, da
spielte Landbesitz in der Kirchenverwaltung eine große Rolle.

Ein anderer Name, der ehifach aussieht, und der sich ohne alte Belege nicht
deuten läßt: das N ü ß 1 e. Dieses Stück im Reckenhag steht in keiner Verbindung
mit Nüssen, auch der angebliche Nußgeschmack des Weins ist Einbildung; vielmehr
weist der Name darauf hin, daß auch in alter Zeit hier Wein gebaut wurde. 1378
heißt es in einem Urbar in der nuw setzi, in der Neusetze. Es handelt sich
also um ein neu angelegtes Stück Reben. Durch Zusammensprechen von „nüsetzlin"
(diese Form selbst ist nirgends belegt) entsteht unser heutiges Nüßle, Nüßlin.
Der Name Neusetze kommt im 19. Jahrhundert auch im Pflanzer vor - und
der Name Pflanzer selbst bedeutet nichts anderes als eine Neuanlage Reben.
1341 erscheint er als f 1 a n z e r.

Daß der Käferberg, 1479 keferberg, etwas mit Käfern zu tun hat,
wie der Schneckenberg im Eichwald mit Schnecken, ist nicht schwer zu
erraten. Doch wie steht es mit dem Humberg? Hier lassen uns sogar die alten
Belege im Stich, denn schon 1496 wird Humberg geschrieben. Aber ein Blick

168


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-01/0170