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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 170
(PDF, 52 MB)
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Benennung nach der Form oder Lage in alten Namen häufiger ist als die nach dem
Besitzer. Das ist eine allgemeine Tatsache, die uns aber nicht weiter hilft.

Jeder Flurname hat seine eigene Geschichte und will gesondert betrachtet sein,
und vor Überraschungen ist man nie sicher. Der Name Bremenstall, der auch
anderswo häufig vorkommt, bezeichnet eine schattige Stelle („Stall"), wo das weidende
Vieh über Mittag ruhte (bis ins 18. Jahrhundert wurde das Vieh zur Weide
ausgetrieben, die Stallfütterung ist neueren Datums). Dieselbe Bedeutung hat der
Name Hungerberg, Hungerbuck (vgl. Hungerbuck an der Vö-
gisheimer Grenze), es gab da nichts zu fressen, Viehstelle beim Neuen Runs
und Kuhstelle im Eichwald und Wässerefeld. Überblickt man aber die alten
Belege für Bremenstall, dann zeigt sich, daß von 1492 bis 1767 immer
remstal, Remmestal usw. geschrieben wurde; erst spät setzte sich Bräm-
menstal, Bremenstall durch. Mhd. r a m, Mehrzahl ramme oder
r e m m e bedeutet Hammel, Widder, Bock. Hier haben wir es mit einer alten Schafoder
Ziegenweide zu tun. Wohl nicht Zufälligerweiser liegen ganz in der Nähe die
Geißlöcher (Geisloch 1374), die Geißhalden (Gaißhalden
1771), der Geißbuck (Geißbuck 1778) und der Geißboden (Geiz-
grund 1348, Geißboden 1651). Warum wurde der alte Name Remstall zu
Bremenstall umgedeutet? War der alte Name unverständlich geworden, weideten
jetzt Kühe statt Ziegen dort? Vielleicht kam auch beides zusammen. Der Bremen-
stall hat den ortsfremden Beamten früherer Jahrhunderte zu schaffen gemacht.
Einer schrieb ihn Bremes Thal (1763), ein anderer gar Römerstall
(1792), wohl inspiriert durch die in jenen Jahren gefundenen Mauern der römischen
Badruine in Badenweiler.

Weiter möchte ich Sie, lieber Leser, nicht mit den Schwierigkeiten der Deutung
langweilen. Die Beispiele, die ich anführte, waren nur als Illustration für meine
oben ausgesprochene Warnung gedacht, sich nicht vorschnell auf die Auswertung der
Flurnamen zu stürzen, ohne vorher jeden einzelnen Namen gründlich durchleuchtet
zu haben.

Es gibt kaum eine Wissenschaft, die nicht ihren Nutzen aus den Flurnamen zieht.
In erster Linie aber sind sie geschichtliche Denkmäler, Zeugen vergangener Zeiten,
Zustände und Denkweisen. Die Frühgeschichte hat aus den Flurnamen schon manchen
wertvollen Hinweis erhalten. Der älteste Flurname auf Müllheimer Gemarkung
muß die Kinzig sein, k i n z e n i 1280. Der Name ist nämlich mit Hilfe
der deutschen und germanischen Grammatik nicht zu deuten, ja er scheint sogar vorkeltisch
zu sein. Kinzig kommt im Breisgau sehr häufig vor, Müllheim bildet mit
Hach und Lipburg die Südgrenze des Verbreitungsgebiets. Sonstwo ist der Name
unbekannt, mit Ausnahme einiger Flußnamen im Rhein- und Maingebiet ( K i n -
z i g bei Offenburg). Alle Kinzigen im Breisgau benennen Hohlwege, Hohlgassen.
Besonders eindrucksvoll sind die Kinzigen im Kaiserstuhl, die bis zu 18 m tief in
den Löß eingeschnitten sind. Man nimmt an, daß die germanischen Eroberer den
Namen von ihren Vorgängern übernahmen, ein Hinweis auf das Überleben der vorgermanischen
Bevölkerung. Man nimmt weiterhin an, daß das Verbreitungsgebiet
des Namens Kinzig sich mit dem Gebiet eines vorkeltischen Stammes deckt. Die
Römer, die in Badenweiler badeten, fuhren schon „die Kinzig" herauf. Es wäre
schade, wenn durch den modernen Straßenbau der ehrwürdige Name verschwinden
müßte, der nun seine 2500 Jahre hinter sich hat.

Das Hohe Sträßle, Hohstras 1341, bewahrt die Erinnerung an eine
mittelalterliche Heerstraße oder vielleicht sogar eine Römerstraße. Der Name leitet
sich davon ab, daß der befestigte Weg sich einmal über die Umgebung erhob. Die
Fortsetzung des Hohen Sträßle heißt in anderen Gemarkungen Römerweg,

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