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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 175
(PDF, 52 MB)
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Reckenhag (1533), ein Satz als Name wie der nicht weit davon entfernte Flieh -
d e n w e i n (1720): war der Wein dort sauer? Im letzten Jahrhundert machte ein
Schreiber daraus Fliederwein.

Einen düsteren Klang haben die Namen, die auf das Blutgericht weisen. Wie
überall, so stand auch in Müllheim ein Galgen, und wie überall, so stand er auch hier
möglichst weit vom bewohnten Ort entfernt, des üblen Geruchs wegen. Ein Galgen,
der anscheinend von Hach benutzt wurde, stand im Gollen oder in den oberen
Wangen unterm Reckenhag, an der Gemarkungsgrenze. Er wird 1453 erstmals erwähnt
, die Erinnerung an ihn lebte aber lange weiter. Noch 1890 steht im Grundbuch
Acker unter dem Gollen (beim Galgen). Seit dem 18. Jahrhundert
wurde die Stelle auch Beim Hochgericht genannt. 1496 wird im
Seelbuch der Kirche ein galgenagker an Hacher ban aufgeführt. Ein
anderer Galgen stand an der Grenze zwischen Müllheimer und Niederweiler Gemarkung
, beim Judengalgen, an dem Platz, der seit 1486 Galgen stutz
heißt. Stutz ist ein steiler Rain, ein Abhang, wie in Sützen, Stützenmatte
, Stuzenacker in Untermüllheim. Ich nehme an, daß es sich hier
um den Galgen der Herrschaft Badenweiler handelte, liegt er doch etwa in der
Mitte des Gebiets. Der Name Judengalgen taucht 1653 erstmals auf, ist aber
sicher siebzig Jahre älter und nimmt Bezug auf eine Hinrichtung, von der Vogt
Kaltenbach im Britzinger Lagerbuch berichtet: „um 1576 wurde zu Müllheim um
des Diebstahls willen ein Jude gehenkt, an dem Galgen, an dem zuvor auch ein
anderer Jude gehenkt worden war"; er fügt hinzu, beide hätten sich vorher noch
taufen lassen, sonst wären sie an den Füßen aufgehängt worden. Als Ort der Hinrichtung
gibt er den Kreuzweg gegen Zunzingen an. Dieser Bericht wirft ein Licht
auf die grausame Rechtspflege unserer Vorfahren. Um den Judengalgen rankt sich
die Sage von der Willkürtat des Oberamtmanns der Herrschaft Badenweiler (ab
1565) Hans Hartmann von Habsperg, der angeblich einen Juden im Feld aufgriff
und kurzerhand aufhängen ließ, als er in seinem Sack einige gestohlene Hühner
fand. Der Markgraf bestätigte nachträglich das Todesurteil, ermahnte seinen Diener
jedoch, in Zukunft das Urteil vor der Vollstreckung einzureichen.

Zum Judengalgen oder Galgenstutz führte der Diebpfad (dieppfad
1327). Wurden die armen Schelme auf diesem Wege zur Hinrichtung geführt?

Auf einen Rechtsstreit, bei dem es hoffentlich nicht so blutig zuging, weist der
Name Kampf matte (1535), Lage unbekannt, und Kriegacker (1535)
an der Grenze gegen Niederweiler - haben sich die beiden Gemeinden einmal um
ein Stück Land gestritten?

Nun noch einige Kuriosa aus der Sammlung. Der Hügelheimer Runs hieß zeitweise
Nachtgraben (1378), später Nachtruns (1535). Anscheinend erhielten
die Müllheimer tagsüber das Wasser, während es die Hügelheimer durch den
Nachtgraben bei Nacht benutzen durften. Die Erngupfe (in Erenguphun
1262) ist der älteste noch lebende Flurname, wenn man von dem Datum der Ersterwähnung
ausgeht. Heute ein Weg am Klemmbach entlang, früher jedoch ein
größeres Gebiet auf der anderen Seite des Bachs, gegen das Himmelreich hinauf.
Der Name muß aus einer Zeit stammen, als es noch keine privaten Tennen gab und
man zum Geschäft des Dreschens an einem erhöhten, trockenen Platz zusammenkam
. Gupf ist eine Erhöhung (vgl. Hutgupf), Ern die Tenne zum Dreschen.
Ein sehr altertümlicher Name! Der Erz weg (Ertz-Gaß 1750) führte von
Hügelheim nach Oberweiler, auf ihm wurde das Erz zum Hochofen gefahren. Die
Hochöfen in Oberweiler und Kandern waren abwechselnd in Betrieb, je nach dem
Stand der Wälder ringsum. Zeitweise war der Blauen kahlgehauen. 1861 war der
Erzweg zu eng geworden, bei nassem Wetter, berichten Zeitgenossen, konnte man
nur unter Lebensgefahr nach Badenweiler kommen. Deshalb baute man die jetzige
Straße nach Niederweiler, und seitdem ist die frühere Verbindung ein stiller Hohl-

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