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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 178
(PDF, 52 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-01/0180
Beginn der Überlieferung an bis ins 16. Jh. war Bach weiblich, also die Bach
(die warmebach 1504); heute sagen wir in Müllheim der Bach. Die
weibliche Form kennen wir aus dem Elsaß und der Gegend um Karlsruhe. Die
Hart (Gemeindeweide) hieß früher einmal der Hart (bis zur zweiten Hälfte
des 16. Jhs.). Das Adjektiv nieder in Flurnamen (Niedere Brunnmatt-
Niedermüllheim usw.) wurde anfangs des 19. Jhs. durch unter verdrängt
(Untermüllheim); vermutlich spielte der Nebensinn von niedrig,
gemein in das nieder hinein. Fast alle alten Namen für eine Erhöhung sind mit

- b e r g gebildet (Zielberg, Riedberg, Käferberg, Josberg,
Krezberg, Enzberg, Hungerberg, Hachberg, Schneckenberg
). Die Namen für Erhöhungen, die nach 1500 gebildet wurden, verwenden
statt dessen -buck (Lerchenbuck, Hungerbuck, Schreibern-
b u c k und viele andere). Untersucht man die „Lebensaussichten" der Berg-Namen,
dann stellt man fest, daß von den elf Namen mit - b e r g , die von 1280 bis 1500
geschaffen wurden, heute noch zehn leben; von den sieben, die nach 1500 gebildet
wurden, leben aber heute nur noch zwei: gegen die Konkurrenz von -buck konnten
sich die neuen - b e r g - Namen nicht behaupten. Heute bedeutet Berg schon
oft nur einen Hang, ein Rebstück an einer Erhöhung (Bedeutungswandel): Der
Katharinenberg am Z i e 1 b e r g ist ein kleines Stück - alter und neuer

- b e r g - Name macht die Entwicklung deutlich, die das Wort Berg im Laufe der
Jahrhunderte durchgemacht hat. Ähnlich liegt es mit den Wörtern Tal, Grund
und B oden. Bis 1500 werden die Flurnamen für Vertiefungen im Gelände mit

- t a 1 oder - g r u n d gebildet (Tiefental, Oberes Tal, Nußbaumtal
, Geißgrund, Riedgrund usw.), nach 1500 dagegen herrscht - b o -
den uneingeschränkt (Erlenboden, Stierboden, Kirschbäum-
1 e b o d e n und viele andere). Die alten Flurnamen mit dem Grundwort -1 a 1
oder -grund werden sogar im Sog der Umschichtung des Wortschatzes umbenannt
: Hügelheimer Tal wird seit 1651 Hügelheimer Boden geschrieben
, Nußbaumtal seit 1716 Nußbaumboden, Geißloch
seit 1651 Geißboden, Riedgrund seit 1645 Riedboden. Die Veränderung
der Namen ist nur ein Ausdruck der allgemeinen Veränderungen im gesamten
Wortschatz. Viele andere Wörter des täglichen Lebens sind wohl damals
durch neue ersetzt worden, neue Laute tauchten in der Mundart auf, andere verschwanden
allmählich. Das 16. Jh. scheint das wichtigste für die Ausbildung der
heutigen Müllheimer Mundart gewesen zu sein.

Was ist richtig: Reckenhag oder Reggenhag - davon gingen wir aus,
damit will ich schließen. Reckenhag - das ist die alte Schreibung in den ersten
Jahrhunderten der Überlieferung: wer die ursprüngliche Form bevorzugt und die
Geschichte des alten Namens im Auge hat, hier ist sie. Reggenhag - so wird
seit dem 17. Jh. geschrieben: wer die Schreibung bevorzugt, die der Aussprache in
unserer Mundart am nächsten kommt, hier hat er sie. Die Antwort wird nicht alle
befriedigen. Sie soll zeigen, daß es nicht nötig ist, sich an die historische Treue zu
klammern. Was täten wir in Müllheim ohne die vielen Geschichten und Sagen, die
sich um manche Namen ranken - sie sind nicht immer historisch treu, aber ich höre
sie immer wieder gern.

Aber eines möchte ich als Wunsch aussprechen: daß die alten Namen nicht sterben
mögen - und wenn sie als Straßennamen weiterleben müssen! Aber nicht Breitestraße
, sondern Auf der Breite, nicht Häglestraße, sondern

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