Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 262
(PDF, 52 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-01/0264
bruchs „Die Rabensteinerin", Richard Voß' „Schuldig", die Operette „Im weißen
Rößl" und so weiter. Ging die Spielzeit bald zu Ende, so gab es^ die sogenannten
Benefiz-Abende für die einzelnen Schauspieler und Schauspielerinnen. Da wurde
immer mächtig die Reklametrommel gerührt, doch fühlten sich die Müllheimer
und sonstigen Theaterfreunde schon aus Dankbarkeit verpflichtet, an diesen
Abenden den Saal zu füllen. — Die Familien Weinstötter und Jakobi sind später
in Müllheim geblieben.

*».
»»

Der Kater hat gewiß schon längst seine Mondscheinwanderung über das Dach
beendet, da weht die Erinnerung Musik vom Turnhälleli herüber. Kommt sie
vom Turnfest, das der Turnverein alljährlich auf dem Platz bei der alten ehemaligen
Margarethenkapelle gegeben hat? Diese Turnfeste zählten zu den schönsten
Volksfesten. Da zierten den Hag unzählige Fähnchen, unter den Linden
waren lange Sitzbänke aufgeschlagen, und auf dem Platz unter den Kastanien
war ein Podium aufgebaut, über dem in der Mitte ein Bild des Turnvaters Jahn
mit den vier Turner-F hing und dem Spruch:

„Im Dorfe Lanz bei Lenzen,
Dort auf der Priegnitz Plan,
Dort ward ein Mann geboren,
Hieß Friedrich Ludwig Jahn."

Natürlich fehlte auch nicht die Wirtschaft. Vor dem Transformatorenhäusle
hatten „'s Dockwilers" oder wer gerade wirtete, einen Stand aufgeschlagen, an
dem es zu essen und zu trinken gab. Unser Bubenherz frohlockte vor Glück,
wenn wir ein Weckli kaufen und „e Limonad" beim Kragen packen konnten.
Und wie die Alten saßen wir auf unseren Brettersitzen, nur daß wir kein Bierglas
oder Vierteli bei uns stehen hatten, sondern das Limonadefläschchen krampfhaft
zwischen den Beinen hielten. An der Rückwand des Turnhälleli schmetterte
die Musikkapelle von einem Podium herunter, und wenn die Turner in ihren
blitzsauberen weißen Hosen und weißen Trikots aufmarschierten, klatschte alles
im Takte mit, bis auch der „Lorenzli", der als Kleinster am Schwanz marschieren
mußte, auf dem Podium stand. Dafür durfte er bei den Pyramiden dann zu
oberst stehen oder hoch droben in den Lüften einen Handstand drücken.

Nach dem Schauturnen am Nachmittag brachte der Abend italienische Nacht
und Tanz. Hierbei hatten wir damals aber noch nichts verloren. Nur von Ferne
hörten wir, wenn wir schon in den Federn lagen, die Klänge der Musik, und wir
malten uns aus, wie schön das einmal sein werde, wenn wir groß sind und auch
mitturnen und mittanzen können. Dann kam 1914 der Krieg. —

Aaaa-zieeeh!" — das heißt Anziehen! — hörte ich eine kräftige, etwas heisere
Stimme. „Dunderschieß!", wollte ich schon antworten, „ich bi doch no
a'zoge." Ich erkannte, es war die Stimme der Badfrau, die uns Buben aus den
milden Wogen des städitschen Schwimmbades herauszuholen versuchte. Tag für
Tag waren wir als Stammgäste im Bad erschienen, das heute noch, wenn auch
etwas modernisiert, wie eine Arche Noah aussieht, die in dem kleinen Wiesental
vor dem Eichwald sich niedergelassen hat. Es gab damals noch kein Familienbad,
und von der uns zustehenden Badezeit — für Buben von halb drei bis vier Uhr
mittags — hätten wir keine Minute hergeschenkt. Schon eine halbe Stunde vor
der Zeit hockte an warmen Tagen ein ganzes Heerlager vor dem Eingang und
am Bergle davor, von dem man durch eine Lücke über der Tür gerade auf die
Uhr ob dem Sprungbrett sehen konnte. Wir kontrollierten scharf, daß d'Maidli,

262


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-01/0264