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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
23.1961, Heft 1, Müllheim Baden.1961
Seite: 264
(PDF, 52 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1961-01/0266
Dunkles schwamm für eine Sekunde auf der Oberfläche, dann sank es gurgelnd
in die Tiefe. „Was isch bassiert? kam der alte Badmeister gesprungen. Alles
drückte die Bäuche an die Stangen, die rund um das Bassin liefen, und starrte
ins Wasser. Bald brauchte der Badmeister aber nicht mehr zu fragen, denn
ein allgemeines Suchen nach Schuhen setzte ein. Irgendwer hatte alles Schuhzeug
, das zu erhaschen war, zu einem einzigen Klumpen zusammengebunden
und in hohem Bogen im Wasser - „wo es am tiefsten ist" - versenkt. Nicht
etwa, um die selbst überraschten Eigentümer zu foppen oder die Badfrau zu
ärgern, nein, nur um das Anziehen zu verzögern und an der Badzeit herauszuschinden
. Vielleicht auch, um den schon draußen vor der Tür wartenden
Maidli, die nach uns wieder Badzeit hatten, einen Tort anzutun. Da hatte
es aber „Zwölf! gschlage!" Der alte Kallmann zog den Riemen von einer
Schwimmbüchse; aber damit kam er den Übeltätern, die schon im Wasser
schwaderten und nach den Schuhen tauchten, nicht bei. Also ließ er sein
„schwerstes Geschütz" auffahren. Das war der große Wasserschlauch mit dem
Strahlrohr, der sonst nur zum Badputzen in Tätigkeit trat. Das Gaudi wurde
aber damit nur noch größer. Klatschend prasselte der kalte Wasserstrahl auf
die Buckel und „Allerwertesten", daß sie rot aufglühten. Und in den höchsten
Tönen schwebte die Stimme der Badfrau über den Wassern: „Ihr sinn
doch bösi Buebe!" Wilhelm Busch hätte wie in seinem „Bad am Samstagabend"
sagen können:

„Die Wanne wird zu enge
Für dieses Kampfgedränge."

Ich weiß nicht mehr, wie der Kampf ausgegangen ist; nur daran erinnere
ich mich, daß das Aufnesteln der nassen Schuhe ein mühsames Geschäft war,
das sich noch lange draußen vor den Türen abspielte, und daß viele das Bad
barfuß verließen. - Am andern Tag hatte sich der Sturm gelegt. Die „Sünder"
hatten der Badfrau versprochen, sie „möchte wieder brav si", und sie hielten's
auch.

Während alles so lebendig vor mir steht, ist's mir, als hörte ich den Kies
knirschen, der auf dem schmalen Fußweg lag, der über die kleine Brücke zum
Bad führte, als hörte ich nebenan das alte Wasserrad beim „Ganter" klappern
und spürte ich den feinen Wasserstaub im Gesicht, den das Rad aufwirbelte. -
Das Rad ist schon lange zerbrochen. Der Traum vom alten Müllheim ist aus.

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