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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1964-02/0024
Die Familie Oertlin-Steenbuck bekam 2 Töchter: Edith, geboren 1924, und
Norma, geboren 1925. Diese waren in den Jahren 1938/40 meine Schülerinnen
im Institut Crespo. Das ist die Deutsche Schule im Zwischenstromland, wo die
Kinder der Siedler außer in der Landessprache auch in Deutsch — als verpflichtendem
Erbe! — ausgebildet wurden.

Die beiden Mädchen sprachen, als ich sie kennen lernte, besser spanisch als
deutsch. Das Alemannische kannten sie wohl von der Großmutter her, sprachen
es selbst aber nicht und wußten deshalb auch mit dem großen Verwandten in ihrer
Ahnentafel — sie sind Ur-Ur-Ur-Urenkelinnen von Johann Peter Hebels Großvater
mütterlicherseits — nichts anzufangen. Das Alemannische ist in der Fremde
draußen in der 3. Auswanderer-Generation versiegt . . .

Dagegen konnte ich mich mit der Großmutter von Edith und Norma, der
schon genannten Luise Oertlin, geb. Arzet, eigentlich nur auf Alemannisch unterhalten
. Es klang so echt, so rauh-herzlich, daß in mir viele Erinnerungen wach
wurden ans Markgräflerland: ich sah im Geist sonnenüberschienene Berge und
Täler und nebelschwere Rebhügel, ich dachte an Weinlesezeit und Herbsttanz und
Liederabende in frohem Kreise, aber auch an Wiltfeber und Burte und Daur, und
vor allem stand — wie noch nie in meinem Leben — der Alemanne Hebel lebendig
vor mir. Von ihm sprach ich mit der Großmutter und vom Belchen und Feldberg
, von Basel und Lörrach, vom Wiesental und Isteiner Klotzen. Da wir uns
nun im Lob und Preis ihrer Heimat näher gekommen waren, klagte mir das alte
Mütterlein darüber, daß Kinder und Enkel lieber spanisch sprächen als düütsch . . .

Frau Luise starb 83jährig. Im „Rußlanddeutschen", dem deutschen Wochenblatt
des Zwischenstromlandes, erschien folgender Nachruf:

Nach langer schwerer Krankheit nahm Gott, der Herr, am 11. August
1944 Frau Witwe Maria Elisabeth Luise Oertlin, geb. Arzet, aus diesem Leben
in die Ewigkeit. Frau Oertlin wurde geboren am 6. Oktober 1861 in Hausen,
Amtsbezirk Schopfheim in Baden (Deutschland) als Tochter der Eheleute
Johann Friedrich Arzet und Anna Magdalena, geb. Reif. Am selben Ort
wurde sie getauft und konfirmiert. Im Alter von 28 Jahren, am 12. September
1881, verheiratete sie sich mit Herrn Erhard Oertlin, ebenfalls aus Hausen
gebürtig. Im selben Jahre noch wanderte das junge Paar nach Argentinien aus.
Im Departement Villaguay ließen sie sich zuerst nieder. 14 Jahre später verkauften
sie dort ihren Besitz, um sich in Colonia La Llave neu anzukaufen.
Ihre Ehe wurde gesegnet mit 7 Kindern, wovon ein Sohn als Kind starb. Am
18. Juli 1924 starb Herr Oertlin, und nun, nach 20jähriger Witwenschaft, ist
ihm seine Lebensgefährtin gefolgt, nachdem sie seit April dieses Jahres krank
war und seit dem 9. Juli das Bett dauernd hüten mußte. Am Morgen des
11. August ging sie heim. Um sie trauern 4 Söhne, 1 Tochter, 4 Schwiegertöchter
, 1 Schwiegersohn und 16 Enkelkinder. Von einem Sohn fehlt leider
jede Nachricht. Es muß angenommen werden, daß er bei einem Schiffsuntergang
während des Krieges umgekommen ist. Frau Oertlin wurde am 12. August
bei einem sehr großen Trauergeleit auf dem Friedhof in Colonia La Llave
zur Ruhe des Grabes gebracht. Gott wolle ihr die ewige Ruhe schenken und
die Trauernden trösten.
Den Enkelinnen der Toten hatte ich, als sie meine Schülerinnen waren, eine
Übersicht51") aufgestellt, aus der ihr Verhältnis zu Johann Peter Hebel zu ersehen
war; zugleich benutzte ich die Gelegenheit, ihnen und ihren Schulkameraden vom
fernen Markgräflerland und dessen großem Sohne, „mit dem ja unsere Edith und
Norma verwandt sind", zu erzählen.

*) Die vom Verfasser dem Manuskript beigefügte Übersicht wurde durch frdl. Entgegenkommen
von Frl. M. Krieg, Lörrach, ergänzt und wird in der erweiterten Form zum
Abdruck gebracht.

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