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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1966-01/0058
Wem gehörte der Wald?

von Dr. Walter Sick, Lörrach
Aus der Bannteilung von Blansingen und Kleinkems

In einer alten Aufzeichnung über Kleinkems aus dem Jahre 1838 heißt es:
„In diesem Jahre wurde in unserer Gemeinde der erste Bürgermeister gewählt.
Er hieß Friedrich Hügin." Das war wirklich etwas Neues für Kleinkems. Alle seine
Vorgänger hießen „Stabhalter". Der eigentliche Bürgermeister wohnte damals in
Blansingen. Und Blansingen und Kleinkems hatten damals einen gemeinsamen
Bann. Eine solche gemeinschaftliche Gemarkung aber tut nicht gut. Da braucht
weder auf der einen noch auf der anderen Seite böser Wille vorhanden zu sein. Das
liegt in der Natur einer so beschaffenen Gemeinschaft. Eine gemeinschaftliche Gemarkung
ist etwas Unnatürliches, Ungesundes, Krankhaftes. Deswegen ließ auch
der Landesherr durch seine Gesetze solche Banngemeinschaften nicht gerade verbieten
, aber den Leuten dringend ans Herz legen, sich selbständig zu machen.

Mit Blansingen und Kleinkems war es nicht anders bestellt. Zwar einigten sich
die beiden Gemeinden im Jahre 1744 im sog. „Akkord" über die gegenseitigen
Pflichten und Rechte. In fast feierlichen Ausdrücken wird darin „der uhr-alten
Zeiten" gedacht. So soll es mit des „Banns Gerechtigkeit" gegeneinander gehalten
werden. „Beeder Hirten sollen beieinander fahren" wie in alten Zeiten. Und
manches andere mehr ist in diesem „Akkord" vorhanden, was die Kleinkemser
später enttäuscht vermißten, wahrscheinlich, weil es sich praktisch einfach nicht
durchführen ließ. Man stelle sich vor: die alte Bauerngemeinde Blansingen oben
auf dem Hang und in der Rheinniederung mit den tückischen Rheininseln das
kleine Fischerdorf Kleinkems. Da gab es Streitigkeiten noch und noch. Worin
diese im einzelnen bestanden haben, kann ich hier in einigen Sätzen nicht auseinandersetzen
. Auf jeden Fall begannen die Kleinkemser schon vom Jahre 1763
ab, auf eine Teilung der Gemarkung zu dringen. Sie bohrten und bohrten.
Blansingen verteidigte sich. Der Obervogt in Lörrach, der vermittelte, war am
Ende seiner Geduld angekommen. Endlich war es geschafft: die Gemarkung war
verteilt; zwar nicht im Jahre 1838, als der erste Bürgermeister von Kleinkems
gewählt wurde, sondern — den Akten nach zu urteilen — im letzten Drittel des
19. Jahrhunderts.

Was in dieser ganzen Zeit die Gemüter von Blansingen und Kleinkems bewegte
, war der Wald. Er bestand aus vier Parzellen: Eichholz, Buchholz und Buchgraben
, alle hart ostwärts der Eisenbahn; dann Birken, weiter östlich. Zusammen
waren es etwa 98 Jucherten. Wem hatten diese Waldungen ursprünglich gehört?

Blansingen behauptete: „Seit uralten Zeiten besitzen wir diesen Wald als
unangefochtenes Eigentum". Auf der Suche nach Feld für die Landwirtschaft verzichtete
leider Kleinkems auf seine Ansprüche und ließ sich acht Jucherten Feld
geben. Der Rechtsanwalt jedoch, den sich Kleinkems zur Durchführung seiner
Ansprüche genommen hatte, machte die Kleinkemser wieder scharf, indem er in
seiner Anklageschrift vom Jahre 1838 behauptete, die Blansinger hätten sich den
Wald erschlichen.

Das aber ließen sich die Blansinger nicht gefallen: „Der Wald ist nicht gemeinschaftlich
, sondern unser Eigentum. Kleinkems hat seine Forderungen an den Wald
immer zurückgenommen, wenn man ihm gutbegründete Antworten gegeben hat.
Und wenn wir Holz aus diesem Wald verkaufen, stecken wir den Erlös in unsere

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