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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1966-02/0047
Ob dieser Beschwerde vom Bezirksamt die gewünschte Beachtung gewidmet
wurde und ob sie Erfolg hatten, ist nicht mehr festzustellen. Die Vorboten der
beginnenden Auflösung des Zunftwesens machen sich hier wohl schon bemerkbar
und konnten nicht mehr aufgehalten werden.

Die bezirksamtliche Revision des Kassenberichts des Ladenmeisters durch die
Großherzoglichen Revisorats-Kommissare übte eingehende Aufsicht über das
Zunftwesen aus und kontrollierte damals noch insbesondere die Geschäftsführung
des Ladenmeisters. Das Amt des Ladenmeisters dürfte nicht leicht gewesen sein in
jenen Jahren (1811 - 1816 - 1820) der Erschütterung Europas durch die napoleonischen
Kriege und ihre Folgen zu einer Zeit, als das Geld rar war und noch kein
„Wirtschaftswunder" das Handwerk belebte.

Normalerweise hätten die jährlichen Kassenüberstände vom Ladenmeister als
Darlehen an Zunftgenossen oder auch an andere Geschäftsleute gegen gerichtliche
Sicherheit (mündelsicher) zinstragend angelegt werden sollen. Aus der Rechnungslegung
der Zunftvorsteher von 1816 und 1820 ist jedoch ersichtlich, daß für die
aus der Zunftlade gewährten Darlehen oft jahrelang der fällige Zins nicht geleistet
wurde und daß Rückzahlungen in dieser Revisionsperiode nur ausnahmsweise
stattfanden.

Von 1811 bis 1816 wachsen die auf Zins stehenden Darlehen durch schuldig
gebliebene Zinsen von 385 Gulden auf 473 Gulden an. Von 1816 bis 1820 stehen
rund 800 Gulden als Darlehen auf Zins (5°/o). Von sechs Schuldnern macht
keiner eine Rückzahlung, drei bleiben mit Zins im Rückstand, und nur drei
zahlen die Zinsen, zusammen 36 fl 18 er. Auch die Zunftbeiträge waren oft
schwer beizutreiben; manche Meister blieben sogar mit der jährlichen Auflage von
15 Kreuzern im Rückstand. Vom Ladenmeister wurden die Zunft-Tagungen
(16. 1. 1811, 1. 10. 1816 und 27. 1. 1820) als günstige Gelegenheit benützt, diese
Taxen beim Zunftmahl einzukassieren.

Beim Zunftmahl werden „unter Vorbehalt obrigkeitlicher Genehmigung" von
den erschienenen Meistern die „gefallenen Auflagen" von jährlich 15 Kreuzern
je Meister verzehrt. Nach freiem Ermessen und Vermögen jedes Meisters wurde
der bis zum Zunfttag fällige Beitrag durch freiwillige „Zehrungs-Aufbesserungen"
auf ein bis zwei Gulden erhöht.

Bei dem Zunftmahl vom 1. 10. 1816 wurden dem Herbergsvater „Zum Ochsen
" 98 fl 42 er bar bezahlt; für das Zunftmahl am 27. 1. 1820 betrug die Zehrung
für 52 Meister 80 fl 54 er. Am Rande der Einzugsliste für dieses Zunftmahl wird
vermerkt, daß von den 57 Zunftmitgliedern fünf Meister nicht erschienen waren
(daß sie also auf das Zunftmahl verzichteten, um die fällige Taxe und die freiwillige
Aufbesserung zu umgehen); daß zwei Meister früher „abgehen" und daß
einer „ganz arm" ist. Leider ist aus der Quittung des Herbergsvaters nicht zu ersehen
, welche Speisen und Getränke beim Zunftmahl als „Zehrung" geboten worden
sind. (Im Volksmund wird heute noch gern von „Zunft-Räuschen" gesprochen
!) Die damalige Geldeinheit von einem Gulden = 60 Kreuzern besaß eine
Kaufkraft, die etwa dem Tagesverdienst eines Handwerksmeisters entsprach. (Beweis
: Als die letzte Zunfttagung eilig einberufen werden mußte, wurden die zwei
jüngsten der neu aufgenommenen Meister beauftragt, die Ladung von Ort und
Ort zu überbringen, wofür jedem 1 fl 12 er. täglich „stipuliert" wurde.) Unter
Einrechnung der freiwilligen Zehrungsaufbesserung wurde für jeden Teilnehmer
am solennen „Zunftmähli" der Betrag für etwa zwei Tagesverdienste eingesetzt.

Der Wert der behördlichen Aufsicht über die Kassenführung der Zunft ist
nicht gering zu achten. Die eingehende Prüfung der Kassenbelege und der Rechnungsabschlüsse
verhinderte Saumseligkeit und Unordnung. So lautet z. B. § 9 des
Revisionsberichts vom 10.7.1817: „Die ohnverweilte Beitreibung der Ausstände,

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