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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1968-01/0053
Wesen und Bedeutung der Ortssippenbücher

A. Köbele

Mit der Möglichkeit einer Verkartung der Kirchenbücher und Standesamtsregister
ganzer Kirchspiele und Gemeinden und der Darstellung und Auswertung
ihrer Inhalte hat sich Armin Tille schon 1906 in seiner Arbeit „Genealogie als
Wissenschaft" beschäftigt. Das erste praktische Beispiel zu diesen Gedanken lieferte
Otto Konrad Roller in seinem Werk „Die Einwohnerschaft der Stadt Durlach im
18. Jahrhundert", das 1907 in Karlsruhe erschien. Seither sind diese Pläne immer
wieder aufgegriffen und erörtert worden. Aber erst mit der Herausgabe des ersten
deutschen Dorfsippenbuches der mittelbadischen Gemeinde Lauf bei Bühl sind alle
diese Versuche einer greifbaren Verwirklichung näher gekommen. Damit hatte
nämlich nicht nur die Erfassung und Darbietung von so umfangreichen und komplizierten
Stoffmengen eine befriedigende wissenschaftliche Lösung gefunden, der
man zugleich die größte Volkstümlichkeit zusprechen kann, sondern auch in drucktechnischer
und verlegerischer Hinsicht waren neue Wege mit Erfolg gefunden
worden.

Der Genealogie waren im Zentrum zwischen Natur- und Geisteswelt durch den
Siegeszug der Naturwissenschaften ganz neuartige Aufgaben erwachsen. Während
bis dahin die Erforschung von Ahnen-, Stamm- oder Sippschaftstafeln, von sogenannten
Stammbäumen, die Hauptbeschäftigung der Familienforscher bildete, trat
nun die Erfassung und Durchforschung ganzer Bevölkerungsgruppen in den Vordergrund
, die Personen- und Familienforschung weitete sich zur Volksgenealogie aus,
das innere Gefüge und die Entwicklungsgesetze eines Gesellschaftskörpers galt es
mit genealogischen Methoden anschaulich zu machen und aufzuspüren, denn wie
Wesensart und Lebensweg des Einzelnen an dem Erbgut und Traditionsbestand
seiner Herkunft zu messen ist, so werden Familien, Geschlechter, Sippen und ganze
Bevölkerung nur aus ihren biologischen und kulturellen Voraussetzungen begriffen
werden können.

Aber über ihren Wert in der Bereitstellung von umfassenden Unterlagen für
die verschiedenartigsten wissenschaftlichen Untersuchungen hinaus haben die Ortssippenbücher
noch weitere, nicht minder wichtige Aufgaben. Sie helfen nicht nur,
unsere wertvollsten Quellen, die Kirchenbücher, deren Erhaltungszustand nicht
immer der beste ist, zu schonen, sondern bedeutender ist es noch, daß sie ihre Leser
in Stadt und Dorf an Fragen heranführen, die in der Hetze unserer Gegenwart
sonst meist unbeachtet bleiben. Sie können das Wissen um Wesen und Bedeutung
der Familie in ihrer unüberschätzbaren Rolle auch in der „pluralistischen Gesellschaft
" des modernen Industriestaates vertiefen, denn gerade auch heute geschehen
noch in den Familien entscheidende Formungen und Ausrichtungen, die Lebensweg
und Denkungsart ganzer Zeitalter bestimmen können.

Die Herausgabe der Ortssippenbücher zu fördern, ist daher keineswegs nur eine
engbegrenzte Fachfrage eines wissenschaftlichen Sondergebietes, das die Öffentlichkeit
nicht zu interessieren braucht. Es ist von unübersehbarer Wichtigkeit, daß die
Familie in ihrer Funktionsfähigkeit erhalten bleibt. Und dazu gehört es auch, daß
der Pflege ihrer geistigen Gestalt und ihrer Geschichte alle Aufmerksamkeit gewidmet
wird.

Über das Ortssippenbuch selbst wäre zu sagen, daß es in denkbar einfacher
und verständlicher Weise, in alphabetischer und chronologischer Folge, sämtliche
Familien und Einzelpersonen mit ihren bekannten Lebensdaten aufführt, die
in der erfaßbaren Zeit in der Gemeinde oder in der Stadt wohnten oder durch
Geburts-, Heirats- und Sterbeeintrag belegt sind. Eine meist kurzgefaßte, zum

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