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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1968-02/0053
ihr schönre an. Sie saß an seinem Tisch und trank aus seinem Becher satt. Du guter
Reicher, habe Dank für Deine edle Tat!" Glücklich schien folgendes wohlgebaute
Weib zu sein: „Meisterstück von Schöpfers Händen der Natur, vollgebaut und
schlank von Lenden, lächle nur! Wie das junge Schilf am Moore kommst Du aus
der Mutter Schöße zart hervor!" Sieghaft ist die Liebe, doch eine Ermahnung
scheint nicht unangebracht: „Sei standhaft, Weib, niemals wanke! Denk an den
blonden Schwur zurück!" Dann „werd ich mich an Deinen grauen Haaren wie an
den blonden freu'n".

Vielversprechend beginnt ein Lied mit Schanktisch, lächelndem Himmel und
duftendem Grün, aber „Wer weiß, ob ich morgen am Leben noch bin?" Und „Wir
alle vom Weibe geboren sind, wir werden des Sensenmannes Raub. In schauriger
Grüfte unendlicher Nacht, was hilft's, daß ein Arzt mich mit köstlichen Salben zur
Mumie macht?" Aber bevor die Maid, sehr „weich im Kerne", ins „traurige Dunkel
der Schattenwelt muß, will sie sich laben am lieblichen Kuß". Man sieht einen
Herrn zuerst von ferne, dann promeniert er vor dem Fenster, auch Kirche und
Ballsaal sind zum Sich-Kennenlernen nicht zu verachten. Diese Mischung von
schwermütigem Liebeserwarten und triumphierender Erfüllung finden wir auch in
weiteren Liedern. Eltern- und Kindesliebe werden in rührenden Versen besungen,
und die „Rasenbank am Eiterngrab" fehlt keineswegs. Der Kindsmörderin ist so
wenig wie Gretchen zu helfen, denn: „Wehe, die Geopferte der Holle, schmückt
noch jetzt ein weiß Gewand. Aber, ach! der Rosenschleife Stelle nahm ein schwarzes
Totenband". Reizend ist das Frühlingslied, das so beginnt: „Wenn der Frühling
kommt und von den Bergen schaut, wenn der Schnee im Tal und auf den
Hügeln taut." Die Tiroler scheinen nicht nur lustige, sondern auch rasch entschlossene
Gesellen zu sein, denn: „Das sind Leutelein so verliebt. Hat einer a
herzigs Kind, sieh, er küßt's geschwind, denn das liegt bei ihm in der Natur." Aber
damit: „S'Lied ist aus!"

1838 wurde dieses lebensfrohe, gesellige Maidli Maria Barbara Döserich Mutter.
Ihren Bräutigam, einen Wagner, konnte sie nicht heiraten, da der Zunftmeister
sein Veto einlegte. Nun lautet ein gar untröstlicher Gesang: „Nachruf an einen
schmerzlichen Abschied", und auf die Deckseite ihres Büchleins schrieb sie, nachdem
sie die ersten 30 Seiten herausgeschnitten, das rührende: „Vergiß mein nicht, da
jetzt des Schicksals Strenge Dich von mir reißt, uns voneinander trennt, — vergiß
mein nicht, wenn lockre kühle Erde dies Herz einst deckt, das zärtlich für Dich
schlug. Denk, daß ich's sei, wenn's sanft in Deiner Seele spricht: „Vergiß mein
nicht! Vergiß mein nicht!"

Wir verweilten gerne, wie ich hoffe, beim Durchblättern dieser wertvollen
•Büchlein, geben sie uns doch — allein schon durch die Liederauswahl — ein getreues
Bild der Wesensart einiger unserer Altvorderen.

Aus dem Referat

Schopf heim in den Gezeiten der Geschichte

vor der „Arbeitsgemeinschaft Markgräflerland" am 5. Mai 1968

Von K. Rittweger

Oft genug haftet der Heimatgeschichte und der Beschäftigung mit ihr in der
öffentlichen Meinung der modrige Geruch vergilbter Dokumente, verstaubter
Faszikel oder einer absolut toten Materie an, — gerade noch gut genug, ausgedienten
Schulmeistern als verschrobenes Hobby zu dienen. Mit einem verständnislosen
, ja fast mitleidigen Achselzucken geht der sogenannte „moderne Mensch"

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