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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 1/2.1977
Seite: 9
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1977-01-02/0011
Ein Trommelwirbel zeigte um halb elf Uhr das Ende der Prozedur und zugleich
den bevorstehenden Abzug des Hauptkommandos in Richtung öflingen an. Als
einer der Haupträdelsführer wurde jetzt auch der kranke Stiftsvogt Joseph Heitz
zur Inhaftierung ins Oberschwörstädter Schloß abgeführt.

Was würde nun in öflingen, der zweiten Station der Exekution geschehen?
Die Verantwortlichen des Kommandos standen sicher noch in der Erregung über
die Vorkommnisse des Vormittags, und es galt nun allem Anschein nach, ein
Exempel zu statuieren. Auch die Wegstrecke einer guten Stunde ließ nicht kühlere
Überlegungen aufkommen, und so bildete sich der Beschluß, die Zahl der Stockstreiche
bei den öflingern auf 45 bis 50 zu erhöhen, weil sie sich „vor Niederschwörstadt
zusammengerottet und einen Aufruhr" veranstaltet hatten 21).

Der Ortsvorgesetzte war bereits zuvor unterrichtet worden, die Dorfgenossen
um 12 Uhr zu versammeln, damit ihnen die Kommission die allerhöchsten Aufträge
eröffnen könne. Nach längerem Zureden erschienen auch die Leute. Um
1 Uhr traf dann endlich die Kommission mit dem Militär als Begleitschutz ein.
Wiederum zeigten die Bauern geringe Bereitschaft, der Aufforderung zum Gehorsam
nachzugeben; einige bemühten sich, ihre Mitbürger in der Standhaftigkeit
zu bestärken. Diesmal wurden sofort und gezielt die „Aufrührer" mit Stockschlägen
bestraft ~), wobei sich, einige kräftig wehrten. Jedenfalls berichtete der
Landschreiber später, die gezüchtigten öflinger seien „von starken Leibeskräften"
gewesen. Die unschöne Szene traf die Einwohner zutiefst. In ihrer Beschwerde an
Wien berichteten sie drastisch, wie z. B. dem Anton Meyer „das Blut zur Nasen
und Maul herausgelaufen", wie Fridolin Thoman bei der Züchtigung von der
Bank herabgefallen und an den Haaren hochgerissen worden sei 23). Der Landschreiber
meldete später, es seien sicher nicht mehr als 10 bis höchstens 17 Unter-
thanen mit Stockstreichen gezüchtigt worden, keiner habe mehr als 50 Streiche
erhalten, die meisten unter dieser Zahl. Tatsächlich bezogen u. a. Johann Keser,
Anton Meyer, Fridle Thoman, Joseph Thoman und Johann Urich 50, Fridolin
Greiner, Antoni Schlageter und Johann Thomann 45, Franz Keser 40 Streiche;
dem alten Fridolin Bäumlin dagegen habe man seines Alters wegen nur 15 gegeben
!

Anders als in Schwörstadt brach hier das Ausmaß der Strafe mindestens für
den Augenblick jeden Widerstandswillen. Die Gezüchtigten und auch andere
erklärten, sich dem allerhöchsten Befehl jetzt zu unterwerfen und bezeugten dies
durch ihr Kreuzeben oder ihre Unterschrift. Man wollte auch gleich anderntags
mit den Frondiensten beginnen, hoffte man doch, dadurch vor weiteren Exekutionskosten
verschont zu bleiben. Der Landschreiber berichtete später, daß sich der
Deputierte Ritzi besonders rasch habe überzeugen lassen, daß es ohne Gehorsam
nicht gehe. Dafür sei Ritzi zu der in öflingen erledigten Vogtstelle empfohlen
worden, auch wegen seiner persönlichen Tüchtigkeit 24).

Gleichwohl scheinen bei der plötzlichen Unterwürfigkeit auch Drohungen
seitens der Kommission mitgespielt zu haben, die Bauern behaupteten jedenfalls,
die Brandsteckung ihrer Dörfer sei angedroht worden, was der Landschreiber
später als 'lauter boshafte Erfindung' abtat 23).

Nach getanem Werk und der Nachgiebigkeit der Wallbacher gegenüber dem
Exekutionskommando sahen sich dann auch die Niederschwörstädter veranlaßt,
sich zum Gehorsam zu entschließen. Ihr Vogt Heitz wurde am 21. 8. wieder auf
freien Fuß gesetzt, ihm aber zur Vergewisserung, daß die Gemeinde gehorsam
bleibe, ein Korporal und 12 Gemeine in sein relativ großes Haus gelegt; dem
Rüttenauer quartierte man weitere 6 Gemeine ein. So wollte man die beiden
„Haupträdelsführer", die mit größeren Grundstücken und also größerem Vermögen
ausgestattet waren, empfindlicher treffen und dadurch den andern Gestraften
nachträglich die Stockstreiche versüßen. (Rüttenauer war zu diesem Zeitpunkt
hinüber ins Markgräfliche geflohen). Soweit die Aktion der Truppe. Der Baron
leistete seinerseits einen Vorschuß auf die Exekutionskosten und bat um Festlegung
einer Zahlungsfrist für die Gemeinde, die ja schließlich alles bezahlen sollte 26).

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