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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 1/2.1977
Seite: 70
(PDF, 42 MB)
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erhalten hat. Man zweifelt, ob er sich wieder erholen wird. Alle diese täglichen
Streitereien mit den Bauern tragen nicht dazu bei, ihre Zuneigung zu gewinnen
und uns mit ihnen zu versöhnen. Daher hassen wir sie unumschränkt und es
besteht kein Zweifel, daß ein Tag kommen wird, an dem sie uns in sehr bestimmter
Weise kennenlernen werden. Sollte man ihnen dagegen die volle Freiheit
lassen, würden sie diese Gelegenheit gierig ergreifen; allein die Stärke (force)
hält sie heute in Schranken.

Sonntag, 1. November 1795: Der Herbst verliert all seinen Reiz und die ganze
Natur läßt das nahe Welken spüren. Die Bäume sind noch nicht ganz ihrer Blätter
beraubt, aber sie haben nicht mehr ihre mannigfaltige Färbung, an der sich das
Auge erfreut und wodurch die Natur einen lebendigen Anblick erhält. Mit einem
Wort, die ganze Natur wird starr. Weit davon entfernt, sich einer Melancholie
hinzugeben, dieses Betrübtsein, das einem in der sich zu Ende gehenden Jahreszeit
überkommt, ist ein anderes Gefühl; man befürchtet, soweit die Jahreszeit die
geistige Verfassung beeinflussen kann, träge zu werden.

Heute sind wir in dem Dorf Steinenstadt angekommen, wo wir zehn Tage
bleiben müssen. Die Bleibe, in der ich untergebracht bin, ist eine Art Heuboden,
angrenzend an einen Stall, in dem Pferde und Schweine sind, die einen Geruch'
verbreiten, bei dem es mir schwer fällt, nicht an die Wahl einer Wohnung zu
denken. Eine Tür führt zu einem kleinen Obstgarten, der von Reben umgeben
ist. Einige Male ging ich darin spazieren, vor allem, wenn ich morgens mein
Stroh verlasse. Vielleicht werde ich einmal traurig sein, wenn ich nach Rückkehr in
das Lager diese Behausung, so trübselig (so triste) sie auch ist, wieder verlassen
muß.

Dienstag, 3. November 1795: Die Jahreszeit bringt andauernden Regen und
Nebel. Man kann nicht mehr ausgehen, ohne bis zum Hals im Dreck stecken zu
bleiben. Leider muß man in unserer „stupfe" (Stube?) bleiben, was ich gerne täte,
wenn ich allein wäre und mir meine Beschäftigung nach meinem Geschmack und
den Umständen nach auswählen könnte. Es wäre für uns gut, wenn wir in Winterquartiere
kämen, denn diese Jahreszeit und der Dienst an den Ufern des Rheins
wird Krankheiten bringen, vor allem auf der Insel, wo wir bei diesem Dorf
biwakieren. Aber dies liegt noch in weiter Ferne.

Donnerstag, 5. November 1795: (Ankunft des Regiments Hohenlohe.) Heute
ist es etwas kalt geworden, und als ich am Nachmittag durch das Lager ging, bemerkte
ich, daß alle Höhen der Vogesen mit Schnee bedeckt sind, ebenfalls die
Bergkette des Breisgaues. Der Blauen war bis zur Hälfte mit Schnee bedeckt und
vor allem der hohe Berg, den man an seiner linken Seite sieht und den man den
„Balcon du Brisgaw" (Beleben) nennt. . . Heute mußte ich auf einer Insel des
Rheins, auf der man ohne jeden Schutz biwakieren muß, Wache halten. Der
Posten ist von einem Sumpf umgeben. Aber wie man hört, soll nun das Regiment
Hohenlohe diese Insel bewachen, und heute soll schon mit der Ablösung unseres
Postens begonnen werden, was mich sehr erfreut, denn seit langem fürchtete ich
die Nacht, die ich auf dieser verfluchten Wache verbringen mußte. Wie ich glaube,
werde ich die Geschützstellung dieses Dorfes wieder übernehmen.

Samstag, 7. November 1795: Beim Garde-Korps von Steinenstadt. Der Inselposten
wurde glücklicherweise verkleinert. Heute befinde ich mich auf Wache in
dem Dorf, in welchem ein Wachkorps ziemlich bequem untergebracht ist. Hier
kritzle ich, wobei mir als Tisch der Mantel (le manteau — vielleicht die Kunst
gemeint) eines riesigen Kachelofens dient, der die Hälfte des Zimmers einnimmt.

Heute haben einige Pioniere gegenüber der Insel, die vor unserem Dorfe liegt,
an Pontons zu arbeiten begonnen. Aus der ganzen Umgebung werden Boote zusammengezogen
, was auf einige echte oder unechte Versuche in diesem Abschnitt
schließen läßt22). (Militärische Erschießungen im Regiment Hohenlohe.)

Dienstag, 10. November 1795: Die Kälte macht sich sehr bemerkbar und ich
denke, wie angenehm es noch ist, unter einem, wenn auch schlechten Dach zu sein.
Diesen Morgen bin ich im Lager gewesen, das gegenwärtig einen recht verlassenen

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