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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 188
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0010
Flachs- und Hanfanbau und verarbeiteten die Rohstoffe anschließend selbst für den eigenen
Gebrauch oder für Abnehmer, welche in den meisten Fällen selbst Einwohner des
gleichen Dorfes waren.

Das Handwerk war in diesem ländlich strukturierten Gebiet noch wenig entwickelt.
Die Handwerker waren größtenteils ebenfalls Bauern; ihr Handwerk war ihnen lediglich
Nebenberuf und fast ausschließlich am Bedarf der örtlichen Landwirtschaft orientiert,
indem sie hauptsächlich das in Kandern und Hausen verhüttete Eisen zu Draht, Nägeln,
Sicheln, Sensen etc. verarbeiteten.2* »Die Schmiede und Wagner lieferten den Bauern die
komplizierteren Geräte, Pflüge und Wagen, die 'Bennen' und Stoßkarren, oder besserten
sie aus. Der Hufschmied fehlte auch in Haagen nicht. Wo die Trauben reiften, wurden
'örgeli', Boggden, Büttene, Büggi und Fässer beim Küfer bestellt... Was der Bauer
nicht selbst mit seiner vielseitigen Geschicklichkeit im Familienbetrieb oder beim Dorf-
handwerker beschaffen konnte, holte er sich auf den Jahrmärkten... «3) Was an landwirtschaftlichen
Produkten neben dem Eigenbedarf erübrigt werden konnte, versuchten die
Menschen in der nahegelegenen Stadt Basel abzusetzen. Aus Basel eingeführt werden
mußten verschiedene gewerbliche Produkte, die in den Heimatorten nicht erzeugt werden
konnten. Eine Warenhste der Markgrafschaft Baden-Durlach aus der vorindustriellen
Zeit führt die Produkte auf, welche damals ein-, bzw. ausgeführt worden sind.4)

Importiert werden mußten danach Güter wie z.B.: feine Leinwand, feiner Faden, verschiedene
Wollwaren, alle Seidenwaren, rohe Baumwolle und die aus ihr hergestellten
Produkte, Malerfarben etc. Hauptexportartikel waren der Hanf, die Wolle und vor allem
der Wein. Für den Eigenbedarf wurden nach dieser Aufstellung hauptsächlich erzeugt
: Getreide, Gartenfrüchte, Obst, Brennholz und Bauholz, Mauersteine, Kalk, Ziegel
, geschmiedetes Eisen, Honig und Wachs, Weinessig, rohe Häute und Felle, Flachs
sowie Schießpulver. Daneben widmete man sich der Vieh- und der Pferdezucht. Handelspartner
war fast ausschließlich die Schweiz und hier ganz besonders die nahe Stadt
Basel. Ein »reger Austausch zwischen den Landorten des Wiesentals und der Gewerbe-
und Handelsstadt am Rhein«" bestand demnach bereits in vorindustrieller Zeit.

Diese Tatsache änderte jedoch zunächst nichts an der überwiegend agrarischen Struktur
des zu betrachtenden Raumes und seiner »bäuerlich - ländlich - handwerklichen
Wirtschaftsverfassung«6), innerhalb derer Wohnen, Leben und Arbeiten noch eine Einheit
darstellten und der alte, größere, meist bäuerlich-handwerkliche Familienverband,
welcher oft auch Großeltern, Onkels und Tanten, Mägde und Knechte umfaßte, mit seinen
vielfältigen sozialen Funktionen vor allem im fürsorglichen Bereich, noch Bestand
hatte.

Doch in den einzelnen Dörfern konnten nur wenige lebensfähige bäuerliche Betriebe
und Handwerksstuben bestehen. Daneben sahen sich viele Menschen - insbesondere
junge Einwohner - gezwungen, im Taglohn zu arbeiten, d. h.sich für befristete Zeit z. B.
auf einem Bauernhof oder in herrschaftlichen Diensten für Lohn zu verdingen. Junge
Mädchen hatten mitunter Gelegenheit, sich bei bürgerlichen Basler Herrschaften in
Dienste zu begeben. Ein großer Teil der Markgräfler Bevölkerung sah sich fast ständig in
existentiellen Nöten, wobei es allerdings zu differenzieren gilt: Die Gemarkungen mit
reichem Fruchtland und günstiger Reblage sahen sich erheblich im Vorteil gegenüber
den übrigen Orten wie beispielsweise Haagen oder Rötteln, wo aufgrund chronischen
Geldmangels sich auch nicht der bescheidenste Wohlstand ausbreiten konnte. Denn
schon in vorindustrieller Zeit machte sich die durch Realteilung zunehmende Zersplitterung
der Landgüter bemerkbar. Haagen beispielsweise zählte 1698 etwa 150 Einwohner.
Diese bewirtschafteten insgesamt 128 Jucherten Ackerland, 90 Tagwan Matten,
48 Mann werke Reben und 46 Jucherten Wald.7) Etwa 100 Jahre später hatte sich die Einwohnerzahl
- bei gleichbleibender Gemarkungsgröße - nahezu verdoppelt. Es ist daher
einleuchtend, daß besonders in den weniger begünstigten Orten die Ernährungsprobleme
ständig größer werden mußten und sich allmählich ein besitzloses, tagelöhnerndes
Landproletariat herauskristallisierte.

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