Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 1.1988
Seite: 16
(PDF, 35 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-01/0018
und die Hoffart und Freischärlerei und zeigte am Exempel Fridolini, der seinen
irländischen Prinzentitel und allen Ruhm und heidnisches Wissen an den Nagel
gehängt hatte, um zu Säckingen das Evangelium zu predigen, was wahre, christliche
Größe sei, und polterte und lärmte und schlug die Kanzelbretter schier
entzwei und sprach sich zuletzt ganz heiser; - o Fridolinus, Friedensprediger, zu
deinen Ehren ward mit Pauken und Trompeten Krieg gepredigt! Aber die
Menge lauschte lautlos: der Redner wußte wahrscheinlich besser als ich, was
man hierzulands für eine Sorte geistlichen Tabak rauchen muß.

Dann kam das feierliche Hochamt, und gar lieblich rauschten die Töne der alten
Kirchenmusik und der Gesang durch die hohen Räume: - und mancher ver-
klungene Klang aus alten Zeiten ward wieder wach in mir; - trotz alledem und
alledem bleibt's wahr, daß der katholische Kultus etwas Mark= und Beindurch-
schütterndes hat und behalten wird bis an das Ende der germanischen Weltgestaltung
.

Daß man auf den Köpfen hätte spazieren gehen können; - und an der alten
Fridolinslinde vorüber, wo sich einst Fridolinus trübselig unter freiem Himmel
schlafen gelegt hatte, weil ihn der damalige Wirt zum goldenen Knopf, ein
schnöder Heide, zur Herberge hinausgeworfen hatte, um die Kirche herum,
und feierlich war's anzuschauen, wie alles mit entblößtem Haupt die Kniee bog,
als schließlich der Segen erteilt ward. Dann aber ward ein fröhlicher Tusch geblasen
, und man zerstreute sich.

Wie sich die versammelte Menge die Weltentsagung zu Herzen genommen
hat, die ihnen der gewaltige Prediger gepredigt, wird später noch erhellen; vorerst
ging's nach germanischer Sitte nach allen Seiten hin in die Wirtshäuser. -

Scheffel hingegen wanderte hinauf zum Bergsee und ließ in poetischer Stimmung
"die Gedanken allerhand träumerische Sprünge machen". Doch daraus riß ihn der zufällig
vorbeikommende Aktuarius vom Säckinger Bezirksamt. Dieser lud ihn in den
großen Bierkeller von Wehr ein, was Scheffel gerne annahm, denn "die Poesie hat ihre
Zeit, das Biertrinken hat aber auch seine Zeit."

Auf der Straße nach Wehr und auf dem Heimweg erlebten die beiden nun einiges,
was nicht unbedingt zum Gedenktag eines Heiligen paßte. Dazu lassen wir Scheffel
wieder selbst zu Wort kommen:

O du schöne Landstraße am Abend des Fridlinifestes. Die lebte und wimmelte
von heimwallenden Fridlinspilgrimen! Aber wehe! wehe! wo war die Weltentsagung
? wo die christliche Askesis?

Mancher war unter ihnen, der basislos und krumm nach Hause wankte, und
von manchem hieß es wie in Schillers Glocke:

"Wehe, wenn sie losgelassen.
Wackelnd ohne Widerstand
Durch die volksbelebten Gassen
Wälzt den ungeheuren Brand."

Aber alle waren sie noch erbaut von der gewaltigen Predigt. Der alte Schmied
von Niederschwörstadt, der sich uns anschloß und bei dem der Begriff auch ein
weniges verwirrt war, meinte: das sei ein strenger Prediger, der könne es gut verkaufen
, was er studiert habe (damit meinte er den energischen äußern Vortrag),

16


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-01/0018