Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 1.1988
Seite: 139
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-01/0141
"Auch werde ich zweifelhaft, obs nicht eine Verrenkung in den Muskeln ist". So werden
seine latenten Schmerzen erstmals etwas genauer lokalisiert.

Auch 1815 klagt er seinem Freund Haufe in Straßburg über "rheumatische Schmerzen
in den oberen Extremitäten", also in den Armen, und setzt wörtlich hinzu: "Das
Schreiben fängt an, mir gar beschwerlich zu werden. Zu einer Seite bedarf ich manchmal
eine Stunde."

Erinnern wir uns: Hebel ist damals 55 Jahre alt.

Mit 60 bereits entsteht zunehmend und immer deutlicher das Bild eines vom Rheumatismus
geplagten alternden Mannes, wenn er wieder an Haufe schreibt: "Ich werde
täglich älter und gebrechlicher, wie mir H.Steiner (ein befreundeter Kaufmann) bezeugen
wird, vor dem ich zwar die Krücke verborgen habe, teils weil ich sie selber auch für
Luxus halte, teils weil ein Hinkender besser hinkt ohne, als mit Krücken."

In einem früheren Brief spricht Hebel von einem "sanften Hin- und Herschwanken
in Hitze und Frost, verbunden mit einer liebenswürdigen Schlafsucht von 3 Tagen."

Schon 1810 deutet eine andere Brief stelle an Haufe auf ähnliche Symptome, wenn er
schreibt: "Ich hatte 8Tage lang einen sehr verschwollenen Kopf, bekam Fieber, ein Geschwür
, das nicht heilt, sondern immer sich wieder füllt. Seit 6 Tagen zerfließe ich alle
Vormittage in ermattendem Schweiß. Schon 3 Monate später berichtet Hebel aus ähnlichem
Anlaß seinem Freund Hitzig: "Ich war 6 Wochen lang krank. Was ich aß und
trank...dampfte in unaufhörlichen, jedoch wohltätigen Schweißen davon."

1812 lesen wir erneut in 2 Briefen an Gustave: "Ich bin ordentlich gesund, ausgenommen
, daß meine stumpfe Schläfrigkeit wieder überhand nimmt." Und ergänzt dann
später seine Zustandsbeschreibung mit einer ständigen Lust zu schlafen: "Indessen ist
mir die Unlust zur Arbeit, die damit verbunden ist, sehr beschwerlich."

Fieber. Schweißausbrüche, Schläfrigkeit und Schwindel sind also die Hauptsymptome
des 50jährigen. Sie verbinden sich mit den oben zitierten Zahnwehentzündungen
oder Geschwüren - also jeweils toxische Reaktionen auf die verschiedenen infektiösen
Prozesse.

Auch der Krampfhusten, von dem wir bereits aus den Jahren 1806 und 1807 hörten,
erwies sich als ein immer wiederkehrender Begleiter - eine chronische Bronchitis, die
ihn jeweils bis zu dreiviertel des Jahres beschäftigte, um dann etwas abzuklingen.

Mit ein Grund zu diesem Leiden war die geliebte Tabakspfeife, denn Hebel war ein
leidenschaftlicher Raucher. Schon als Student trug er den Spitznamen "Knaster". Was
die konsumierten Tabakmengen betrifft, so erfahren wir aus einem Brief von 1809 an
Schneegans: "... so bitte ich Sie, außer den schon bestellten 50 Zigarren noch weitere
150 Stück zu übersenden."

Mit Beginn der 50er Jahre befallen Hebel immer häufiger Verstimmungen und Launen
, die er selbst gelegentlich als "Hypochondrien" bezeichnet.

All dies - einmal zusammengefaßt betrachtet - will so gar nicht in das sonst so heitere
und optimistische Hebelbild passen, das uns meist einen harmonischen, ausgeglichenen
Menschen ohne größere innere Konflikte vorstellt. Bereits 1812 schreibt Hebel an
Gustave: "Das Leben ist mir ganz völlig verleidet". Dies klingt fast nach Depressionen.
Und als er sein hohes Amt als Prälat 1819 auf Lebenszeit erhält, empfindet er dieses
Amt als "aufgebürdet" und schreibt 1822 an Gustave dazu: "Es ist ein hartes Wort Auf-
Zeitlebens. Man lebt doch auch gern ein wenig lang."

Die schon mit der Lyceumsleitung verbundene Verwaltungsarbeit war ihm zutiefst
zuwider, wie er schon 1811 Hitzig gesteht. Zwischen der zunehmenden Last der Amtsgeschäfte
und dem Wunsch zu einem 2. Teil der alemannischen Gedichte kommt er nicht
zur inneren Ruhe.

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