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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 1.1988
Seite: 173
(PDF, 35 MB)
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zwischen zwei Sippen vor dem Ding, dem Gericht, war. Eine kirchliche Sache wurde
daraus erst viel später. Die lutherische Auffassung von der Ehe hat viel von der altdeutschen
Auffassung beibehalten.

Das Wort "Buße" kommt von "bessern", und das bedeutete einst, einen alten Rechtszustand
wiederherstellen. Sühne einer Missetat, Schadenersatz. Das heute von manchen
belächelte Wort Buße unserer Schweizer Nachbarn ist also altehrwürdig. Die
kirchliche Bedeutung hat es erst später erhalten.

Wiese-tal oderWiesental?

Vor einiger Zeit hat jemand über diese Frage in einem Zeitungsartikel Überlegungen
angestellt, ob das Wort Wiesental vom Fluß Wiese abgeleitet sei oder von den "Wiesen",
durch die der Fluß fließt. Dabei hat er sich mit der Geologie des Einzugsgebietes unseres
Gewässers befaßt, die mit der Namengebung ganz bestimmt nichts zu tun hat. Die
Frage kann nur von der sprachlichen Seite her gelöst werden.

Es fließen ja alle Flüsse früher oder später durch grüne Wiesentäler, auch wenn sie
aus hohen, felsigen Regionen kommen. Danach müßte es eine so große Zahl von
"Wiesental" geben, daß man sie kaum unterscheiden könnte. Nein, in derTopographie
müssen wir vor allem mit sehr alten Namen rechnen, die den Gewässern, nicht nur den
Flüssen, von der jeweiligen umliegenden Bevölkerung gegeben worden sind. Diese alten
Namen stammen daher in vielen Gegenden aus Sprachschichten, die in die Zeit vor
der germanischen Völkerwanderung zurückreichen. Bei uns also in die Zeit der Kelten,
die ja auch zur indogermanischen Sprachfamilie gehören. Das gilt sowohl für Bergnamen
(z.B. die verschiedenen Belchen) wie für die Flußnamen. Die Sprachforscher sind
sich einig, daß dies etwa bei Kander. Kinzig und Neumagen zutrifft. Auch Sirnitz
könnte so ein älterer Name für den Klemmbach sein und eben nur dem oberstenTeil des
Tales, wo der Bach entspringt, erhalten geblieben sein. Der Flußname Wehra, der
sprachlich, wenn auch nicht der heutigen Schreibweise nach, mit Werra identisch ist,
dürfte ebenso mit einem vorgermanischen "Werr. Wer" gebildet sein, das auf eine Form
"Varia" zurückgeführt wird. Von dieser Form Varia dürfte der französische Flußname
"Vaire", gesprochen War, abzuleiten sein.

Nun unsere Wiese. Sie hat schon 1234 Wisen. das Tal anno 1275 Wisental geheißen.
Die Urform muß "Wisina" gewesen sein, mit dem Wortstamm "wis" = fließen. Aus der
gleichen Wurzel kommen auch die Flußnamen Weser und in Frankreich die Vezere.

Daß die "Wiesen", die grünen Auen, für unsere Wiese nicht namengebend sein konnten
, ist aber jedem Kenner der alemannischen Sprache von vornherein klar: Bei uns
gibt es keine "Wiesen" (und hat es sie nie gegeben), sondern nur Matten (= mähbares
Grasland), im Gegensatz zum Weideland, denWeiden.

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