Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
50.1988, Heft 1.1988
Seite: 176
(PDF, 35 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-01/0178
sei gibt es Berge, die "Belchen" heißen, und nahe dem Rothaargebirge wurde ein System
von Bergvisuren für den Sonnenkalender entdeckt (vgl. H. Kaminski: Wormbach
- eine vorgeschichtliche Sonnenwarte in Westfalen. Bochum 1982). Die ältere Namensform
hätte sich demnach im französischen "Ballon" erhalten, das sich aus "Bellen",
"Berg des Sonnengottes Belenos" entwickelt haben kann (vgl. Curien-Girot: Coune-
hets d'autrefois. Cornimont 1965/68).

Wie dem auch sei - eine Deutung, die sich auf den Götternamen bezieht, erscheint
seit der Entdeckung des solaren Kalendersystems zwischen Schwarzwald, Vogesen und
Jura als die weitaus plausibelste.

Zum Sagengut: "Die Raurikerin" (Das Markgräflerland, Heft 3/4, 1978, S.269f u.
297) - Paula Hollenweger hat diese Geschichte 1968 von dem damals 86-jährigen Schuhmacher
Reinhard Räuber in Gresgen erfahren und ohne Ausschmückungen nacherzählt
. Dieser hatte zudem betont, vom Volk der Rauriker, das in früherer Zeit in der Gegend
saß, sei ihm durch die Alten des Dorfes berichtet worden (Mitteilungen ihrerToch-
ter Herta Schmid, Feldberg).

Die den Elsässer Sagen von August Stöber (St. Gallen 1858) entnommene von den
"Feldmessern auf dem Bolchen" läßt mit Hilfe des "Belchen-Systems" auch die von uns
gefundene Interpretation "druidischer Geometer" mindestens ebenso zu wie die sich
"aufgeklärt" dünkende aus dem späten 19. Jahrhundert.

Grundsätzliches: Es bedarf einer Genauigkeit von 0,5° (das ist die ungefähre Breite
der Sonnenscheibe), um mit einer Visierlinie zum Auf- oder Untergangsort der Sonne
das entsprechende Datum festlegen zu können.Theoretisch bestünden somit bei einem
Völlkreis (360°) 720Visiermöglichkeiten. Praktisch hingegen sind es durch den Lauf der
Sonne von ihrem nördlichen zu ihrem südlichen Extrem mit allen Auf- und Untergängen
in unseren Breiten bedeutend weniger: Für das "Belchen- System" - es liegt unterhalb
des 48. Breitengrades - gibt es etwa 160. Und von diesen 160 möglichen Visuren
sind zur Bestimmung vorzeitlicher bzw. keltischer Kalenderdaten lediglich fünf Richtungen
nötig:

L Wintersonnwende (Eis. Belchen - Jurabelchen: Sonnenaufgang)

2. Sommersonnwende (Eis. Belchen - Kl. Belchen: Sonnenaufgang)

3. Tagundnachtgleichen (Eis. Belchen - Belchen und umgekehrt: Auf- bzw. Untergang
der Sonne im Frühling und Herbst)

4. 1. Mai/"Beltene" (Eis. Belchen - Gr. Belchen: Sonnenaufgang)

5. 1. November/"Samuin" (Gr. Belchen - Ballon de Servance: Sonnenuntergang)
7. November/alter "Samuin" (Gr. Belchen - Eis. Belchen: Sonnenuntergang)

Um diese Daten zu erlangen, sind also nicht die zahllosen Möglichkeiten einer zufällig
gestreuten Punktekonstellation erforderlich, sondern die optimale Auswahl einer
möglichst geringen Anzahl von Punkten, die zwar wenige, aber signifikante Visierrichtungen
ergeben.

Auch kann für ein Kalendersystem, dessen Visierpunkte Bergspitzen statt Steinpfeiler
sind, kaum archäologisches Beweismaterial erwartet werden.

Die Faszination jedoch, die das "Belchen-System" bei unvoreingenommenem Betrachten
auszuüben vermag, beruht auf seiner astronomischen Eindeutigkeit, die sich
mit herausragenden Bergen gleichen Namens deckt.

Walter Eichin Andreas Bohnert

176


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1988-01/0178