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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 2.1989
Seite: 46
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-02/0048
Bei Kriegsausbruch 1914 war Fritz Regierungsbaumeister am Kaiser-Wilhelm-Kanal
in Rendsburg. Er war militärfrei wegen eines Herzfehlers (den er sich als Bub beim Einbrechen
in den zugefrorenen Ganterweiher in Müllheim zugezogen hatte). Doch nun
meldete er sich freiwillig, und bald schon war er Marineflieger an derWestfront. Aus seinem
sauber - nahezu nichts ist durchgestrichen oder berichtigt - geführten Tagebuch
(eine Durchschrift davon ging jeden Freitag an seine Braut): "4.11.15: ...Wir fliegen
zweimal die Front ab ... Nun heißt's ausreisen. Ich entwetze auf unser Gebiet. Da sehe
ich. daß noch eine andere Maschine ausreißt, und dabei hatten die Kerls Maschinengewehre
an Bord, während wir nur einTaschenmesser als Waffe hatten."

Dazu: in unserer Familie wurde lange eine Pistole mit verlängertem Lauf in einer
Holzhülle aufbewahrt: die Holzhülle konnte man als Schaft am Handgriff der Pistole
anhängen und erhielt so eine Art Kleinstutzen - dieses eigenartige Schießeisen (möglicherweise
eine "Mauser C 96". wie mein Neffe als Waffenliebhaber vermutet) war
eine "Bordbewaffnung" entweder von Otti oder von Fritz Stiefvatter. - ImTagebuch lesen
wir ferner u.a.:

"17.11.15: ...ich ...machte einen Probeflug mit meinerneuen Maschine. Die läuft ausgezeichnet
. Beim Gradausfliegen 150 km..."

"8.12.15: ... Ich sollte mit Rath in den Dünen drüben photographieren. Wir starten.
Bei La Panne drehen wir ab und kommen bei Nieuport Bad über die Dünen. Rath Photographien
. Husch sind wir über derYser. Eines unserer Flugzeuge hält uns für einen
Feind und fordert durch Sternsignale Erkennungszeichen. -Wir drehen wieder um und
fliegen nochmals nach Coxyde zu. auf einmal saust ein Engländer mit ..chem Fahrt auf
uns los. Ich zeig" ihn meinem Beobachter. Der will schnell nach seinem Mausergewehr
greifen. Aber dieses müssen wir verloren haben. Nun reiß aus Gustavle. Wie wir runterkommen
, melden wir den Verlust. Die Offiziere meinten, er hätte es wohl vor Schreck
fallen lassen, wie wir angegriffen wurden. - Na "s ist ja ein Stuttgarter.

"11.12.15: .. .heute war einer meiner unangenehmstenTage. .. .Höchst wahrscheinlich
hatten die Engländer unter dem Schutz dieses Feuers eine Menge Truppen nach Paling-
burg übergesetzt und es bestand die Gefahr, daß unsere Seestellung abgequetscht werden
sollte. Deshalb unserseits der Feuerüberfall auf Palingburg. Um 10.25 starteten
wir. Leutnant Hahn und ich zur Beobachtung und Leitung des Wirkungsschießens ...
Düster drohend hing tiefes schwarzes Gewölk über derYser und dem feindlichen Abschnitt
. Unter uns zuckten und sprühten sämtliche Kanonen des Abschnitts. 400 Stück.
Es war ein Dröhnen und ein Feuerwerk, wie ich es noch nie gesehen habe. Und diesem
Schauspiel hatten wir zuviel Aufmerksamkeit geschenkt. Wir waren, wie schon erzählt,
plötzlich in dem weißen Wolkenbau verschwunden, und schon hatte ich alle Aufmerksamkeit
auf meine treue Maschine zu wenden, denn mit einem mächtigen Satz zeigte
sie mir. daß 'dicke Luft' war. Nun ging ein Tanz los. daß ich trotz Kälte vor Arbeit
schwitzte. Ein Schnee- und Hagelgewitter hatte uns überrascht und schaukelte uns. Ich
konnte keine 50 Meter weit sehen, dazu eine Fahrt im Sturm von 200 km. Jetzt den Heimatflugplatz
suchen. Ich sauste längs des Kanals von Lessinghe zurück, fand den See
südlich Ostende und versuchte nun den Platz zu bekommen. In 200 Meter ging's gerüttelt
und geschüttelt über die Häuser von Ostende. Es blitzte und donnerte und Hagel
beschlug mir die Brille, ich riß sie weg. Da eine Böe. ich reiße das Steuer herum mit vollem
Linksausschlag.und Linksverwindung mit Tiefensteuer steht mir der Vogel auf die
rechte Fläche. Mit einem Ruck dann auf die linke. Jetzt liegt er gerade und nun fällt die
Maschine mit einem Krach von 200 Meter auf 50 Meter unter mir weg. Ich hänge am
Steuer, meine Füße haben das Seitensteuer verloren.Trotz allem die Zähne zusammengebissen
und nachgedrückt, denn nur mehr Schnelligkeit kann uns retten. Die gute Ma-

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