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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
51.1989, Heft 2.1989
Seite: 50
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1989-02/0052
Am Anfang war der Vogelschutz

Da finden wir als erstes in den Amtsakten eine Großherzogliche Verordnung vom
1. Oktober 1864 "den Schutz der nützlichen Vögel betreffend". Darin wird "'das Einfangen und
Feilbieten von Singvögeln, desgleichen anderer Drosselarten", bei Strafe verboten. Am 15.
Januar 1874 weist das Handelsministerium in Karlsruhe darauf hin, daß Krammetsvögel
vielfach irrtümlich für Jagdwild gehalten werden, jedoch unter den Schutz der vorerwähnten
Verordnung fallen. Am 10. Oktober 1877 wird emeut im Amtsblatt hingewiesen auf das
Verbot des Tötens und Feilbietens von Singvögeln unter Einschluß der Meisen, Lerchen,
Drosseln, Amseln, Krammetsvögel, Stare, Schwalben, Krähen, Spechte und der sonstigen
kleinen Feld- und Waldvögel sowie auf das Verbot des Aufstellens von Vorrichtungen jeder
Art zum Einfangen dieser Vögel.

Bald darauf, nach 1871, hat sich die Gesetzgebung des jungen deutschen Reichs um den
Schutz der Vögel gekümmert und am 22. März 1888 ein Reichsgesetz erlassen, das vom
Großherzoglichen Bezirksamt mit der Unterschrift des Herrn Schellenberg der Bevölkerung
bekanntgemacht wurde mit dem Bemerken, "daß wir gegen Zuwiderhandlungen strafend
einschreiten werden". Dieses Gesetz bestimmt viel ausführlicher als die badische Verordnung
von 1864, was den Vögeln anzutun verboten und was erlaubt ist. Geschützt werden Nester und
Brutgeschäft; das Fangverbot wird hinsichtlich der Jahreszeiten und der Fangmethoden
modifiziert; für Baden wird aber durch eine ergänzende Verordnung das Fangverbot auf das
ganze Jahr ausgedehnt. Die Jagd- oder Fischereiberechtigten dürfen jedoch Vögel töten,
"welche dem jagdbaren Feder- und Haarwilde und dessen Brut und Jungen nachstellen". Der
hier sichtbare Vorrang von Jagdinteressen vor Interessen des Natur- und Umweltschutzes ist
bis heute noch nicht vollständig überwunden. Den Landwirten. Feldhütern und Flurschützen
kann von den örtlichen Behörden das Töten von Vögeln, die Schaden anrichten, zeitlich
befristet gestattet werden. Bei dieser Vorschrift ist bemerkenswert, daß "das Feilbieten und der
Verkauf der auf Grund solcher Erlaubnis erlegten Vögel unzulässig" ist; hier hatte der
Gesetzgeber offenbar den Verdacht, solche Erlaubnis könnte aus Gewinnstreben mißbraucht
werden. Der im Gesetz angedrohten Strafe unterliegt auch, wer es unterläßt, Kinder von der
Übertretung der Vorschriften abzuhalten. Schließlich nennt das Gesetz eine Anzahl von
Vogelarten, die von dem Schutz ausgenommen sind: darunter befinden sich mehrere, die heute
vom Aussterben bedroht sind und deshalb besonderen Schutzes bedürfen, wie z.B. der Uhu.

Am 13. Januar 1894 gibt das Ministerium des Innern in Karlsruhe einen Erlaß zur
Bekämpfung der Stare heraus; diese Vögel sind seit alters her das Ärgernis der Weinbauern,
und auch zur Zeit der Kirschenernte machen sie sich unbeliebt. Andererseits hängt man
Starenkästen in den Gärten auf, um ihnen Brutgelegenheiten zu geben; so widersprüchlich
kann die Einstellung auch naturverbundener Menschen zu Tieren sein.

Mehr findet sich in den bezirksamtlichen Akten aus der Zeit vor der Jahrhundertwende nicht.
Aber aus diesem wenigen ist durchaus zu erkennen, daß Gesetzgeber und Behörden sich
laufend mit Fragen des Vogelschutzes befaßten. Man unterschied zwischen dem, was aus
damaliger Sicht als nützlich oder schädlich galt, und dabei vermengten sich biologische und
agrarökonomische Gesichtspunkte. Aus heutiger Sicht kann man sich da nur hineindenken,
wenn man die völlig anderen Verhältnisse, geistigen und materiellen Denkkategorien und
Rahmenbedingungen jener Zeit als Ausgangspunkt nimmt. Zu schützen waren die Vögel nicht
vor Giftstoffen, die der Mensch verbreitet, und auch nicht davor, daß ihre Lebensbedingungen
infolge menschlichen Eingreifens in die natürliche Landschaft eingeengt oder gar vernichtet
werden, wie das heute unsere Sorge sein muß; als Feind der schutzwürdigen Vogelarten trat
der Mensch in Gestalt des Vogelfängers auf, der sie als Nahrung und gar als Delikatesse oder
zur Käfighaltung in den Wohnstuben verkaufte. Manch armer Kerl auf dem Lande wird damals

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